Begleitet von Sax und Piano bauten Autorinnen der GAV OÖ eine literarische Sandburg zu der offenen Themenvorgabe Strand-stranden-Strandgut im sympathischsten aller Kulturvereine, die es an der Donau gibt, dem Strandgut. Neun Autorinnen lasen zum Thema. Beginnend mit Kurt Mitterndorfers Texten, der von seinen Erfahrungen in der ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung liest, geht es zum Beispiel darum, was Menschen auf der Flucht von Syrien nach Österreich erleben oder Menschen, die stranden, die auf Lesbos in der Warteschleife hängen und auf ein besseres Schicksal warten.
Bei Christine Mack trafen sich zwei alte Schulfreunde wieder, die beide neben ihren Träumen gelandet sind, der eine fast erblindet, der andere besitzend und sozial isoliert. Als sie Buben waren, haben sie gemeinsam von Schiffbrüchen geträumt, die sie an auf eine Insel an Land spülten und wo sie ihr Leben gestalten konnten, wie sie es wollten. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus, wie wir alle wissen. Simon, der eine Freund, sagt zum Schluss noch, manches bleibt unverändert, anderes löst sich in Luft auf, aber das kennt man vom Leben und man macht halt das Beste daraus, was nicht zu ändern ist, sagt Rudi, der andere Freund.
Ab Helmut Rizy gings wirklich an den Strand, und zwar auf seinem Schreibtisch: jemand hatte ihm ein verdorrtes Blatt dorthin gelegt und so hat die Geschichte, die er las, begonnen. Das Blatt war nämlich der Aufkleber eines Glasfläschchens mit Sand darin und darauf stand SANTA MARIA DEL MAR zu lesen; nicht die Kirche in Barcelona war gemeint, sondern der Sandstrand in Andalusien mit dem gelben Sand. Und genau ab da beginnt die Sandstrandkunde von Helmut Rizy: Betrachtungen der Farben und Formen, der Körnung und dass das Wort Sandfarben eigentlich nichtssagend ist und dass es nur einen einzigen Sandstrandsand gibt, der jederzeit identifizierbar ist, nämlich der schwarze von Santorin. Darüber hinaus erinnert er, dass es nicht nur Strandgut gibt, sondern auch Wüstengut mit Sand in allen möglichen Farben und dass der Wüstensand nicht verbetonierbar ist, sondern dass zum Beispiel Sand auch eine Geschäftemacherei ist: So hat Dubai für den 800 Meter hohen Burj Tower 300.000 Kubikmeter Sand aus Australien einschiffen lassen.
Angelika Ganser las zwei Texte. Beim Ersten, notierte sie, gehe es um den Text selber, eine Auseinandersetzung zwischen dem Flüssigen und dem Felsenfesten; der Titel = Strandgut. Wie eine Art verdichtetes Wortspiel, als ob felsenfeste Betrachtungen von aufschäumenden Bewegungen sanft ins formlose oder farblose Nirgendwo geschoben werden wollten. Text Nummer zwei hat den Titel vom Strand aus und ist auch für sie selbst ein eher ungewöhnlicher Text geworden, weil es hier gerade nicht um den Text geht.
Sven Daubenmerkl las aus seinem Buch Träume süß: Geschichten zum Verlieben, das er als wohfeilen Gewinn jener bietet, die errät, um welchen Strand es sich handelt. Strandgut Gewinnspiel gab es also auch (Christine Mack hat es erraten und das Buch gewonnen*). Er beschreibt humorvoll ein von der Küstenstraße aus uneinsehbares, unerschlossenes Paradies, eine weitläufige Bucht und das, was sich da tut und was er da tut. Natürlich ist die Bucht ein Geheimtipp unter Einheimischen und ein paar eingeweihten Touristen. Sie liegt irgendwo am südwestlichen Ortsende der alten Welt, wo es leicht gelingt, dem Regenland zu entkommen, um die Sehnsucht nach keinem Wölkchen am Himmel zu stillen. Natürlich ist überall Sand, an allen möglichen und unmöglichen Stellen und wir im Publikum spürten sahen hörten alles: das schäumende Meer das Zischen die Welle, auf der er surfte.
Klaus Wieser, der um diese Zeit ursprünglich eigentlich in Griechenland am Strand liegen wollte, hat sich entschlossen, aus allen Gedichten, die er liest, einfach die Überschriften zu streichen, sodass es gar keine Pausen mehr gibt und alles zu einem einzigen Gedicht, das aus 14 Gedichten, die im Zeitraum von 13 Jahren entstanden sind, wird und die ganze Welt - von Kroatien bis Vietnam und Sri Lanka – einfach durcheinander mischt und als Wortstrom auf das Publikum niederprasseln hat lassen, aber in Wirklichkeit surften wir, also das Publikum mit ihm gemeinsam entlang dieser Langgedichtswelle.
Marlene Gölz steuerte ein Hochwasser bei, also passend zum realen Zustand der Donau, die schon bedenklich hoch war an diesem Tag.
Robert Stähr liest vier sogenannte Takes aus einem in Arbeit befindlichen Prosatext mit dem Titel Tagebuch.
Den Schlusspunkt machte dann Herbert Christian Stöger der sich einen Text zuschicken hat lassen -vermutlich- von einem Startup Projekt und der aus lauter Aus- und Ansichten der unerfüllten Träume besteht, ein literarischer Reisebonus bei dem alles mitgebucht wird: das Wetter, die zukünftigen Probleme und alle möglichen Turbulenzen, ja sogar die Stornos. Das Finale dieses Abends ist die verspätete Antwort auf eine Postkarte von Tante Ruth und Onkel Sigfried an den Urlaubsort von Neffen Ralfi in Amrun adressiert, er hat dort im Sommer 1976 seine Ferien verbracht.
+++ Sie lasen eine Zusammenfassung der Lesungen zum Thema Strand - stranden - Strandgut von und mit Autorinnen und Autoren der GAV OÖ vom 4. Juni 2024, im Kulturverein Strandgut+++ Autorinnen und Autoren: Angelika Ganser, Marlene Gölz, Christine Mack, Kurt Mitterndorfer, Helmut Rizy, Robert Stähr, Herbert Christian Stöger, Klaus Wieser +++Musik: Franz Prandstätter (Sax) und Michael Pfeil (Piano) +++Moderation und Organisation: Judith Gruber-Rizy +++ Die gesamte Lesung steht zum Nachhören auf der HÖRBOX der GAV OÖ bereit +++ *Lösung Sven Daubenmerkls Strandgut Gewinnspiel: die Algarve +++ Fotogalerie von diesem Abend:
+++Text Fotos Soundaufnahme Handheld für Hörbox: Wally Re 06/2024+++