Freitag, 23. August 2019

Donnerstagsdemo - 12. 9. 2019 in Linz

Hier ein kurzer Veranstaltungshinweis!

Am 12. 9. findet am Steinmetzplatzl in Linz wieder die Donnerstagsdemo mit Texten von Mitgliedern der GAV und mit Musik von Linzer Musikern statt!

Es lesen:
Markus Köhle
Mieze Medusa
Richard Wall
Anna Weidenholzer (Text wird in Vertretung von Anna verlesen)
Rudi Habringer

Wir hoffen auf Euer zahlreiches Erscheinen!

Montag, 19. August 2019

Worüber ich mich wundere. Ein Essay zur Lage.

Von Judith Gruber-Rizy.

 
Wir würden uns noch wundern, was alles möglich sein wird, sagte im Bundespräsidenten-Wahlkampf Norbert Hofer, damals FP-Kandidat für dieses höchste Amt in unserer Republik, später Minister, jetzt ehemaliger Minister, aber dafür neuer Parteiobmann. Ich weiß noch genau, wie mich dieser Satz erschreckt hat, als ich ihn bei der Fernsehdiskussion gehört habe.
Und ja, Hofer hatte völlig recht, ich jedenfalls wundere mich seither immer wieder, jeden Tag aufs Neue, was in unserem Land alles möglich geworden ist, ja, was beinahe selbstverständlich und in kürzester Zeit irgendwie normal werden konnte.
Vor etwas mehr als einem Jahr durfte ich Erich Kandel in Wien persönlich kennenlernen. Kandel gebürtiger Österreicher, jetzt US-Bürger, Nobelpreisträger für Physiologie der Medizin im Jahr 2000 und mit seinen 90 Jahren ein sehr beeindruckender Mann. Ihm gelang im Jahr 1939 als 10 Jähriger gemeinsam mit seinem Bruder die Flucht vor den Nazis. Anlässlich der Enthüllung einer Erinnerungstafel an die vertriebenen und teilweise ermordeten jüdischen Bewohner des Hauses, in dem Erich Kandel aufgewachsen war, kam er auf Besuch nach Wien.
Wie immer bei solchen Gelegenheiten, wurden eine ganze Reihe von Reden gehalten. Unter anderem sprach auch die damalige Bezirksvorsteherin, eine Frau in meinem Alter, eine Jüdin, deren Großmutter als eine von ganz wenigen der Familie die Shoah überlebt hat. Diese Frau sagte schließlich in ihrer Rede: Es hieß immer, wehret den Anfängen! Dafür aber ist es jetzt schon zu spät, wir sind schon viel weiter als in den Anfängen.
Auch das ist ein Satz, der mich seither nicht mehr loslässt, der sofort wieder präsent ist, bei jedem der zumindest 66 sogenannten Einzelfälle, die bekannt geworden sind, vom Liederbuch, in dem die Ermordung einer siebten Million Juden besungen wird, über die „stichhaltigen Gerüchte“, dass George Soros, der Jude Soros, Europa „umvolken“ will, bis zu diesem grässlichen Rattengedicht und zum „Bevölkerungsaustausch“ von dem ein Vizekanzler dieser unserer Republik sprach, bis zur Nominierung eines Odin Wiesinger für den oberösterreichischen Kulturbeirat, aber auch bis zur ständigen Nennung des Namens Silberstein, auch durch den nunmehrigen Ex-Bundeskanzler. Auch er bedient sich so wie seine rechtsextremen Koalitionspartner damit eines antisemitischen Codes, benutzt antisemitisches Framing, und niemand soll mir erzählen, das sei zufällig. Denn ich bin überzeugt: würde dieser Mann nicht Silberstein, sondern Müller, Meier oder Gruber heißen, der Name würde nicht mehr genannt werden.
Es ist dieses Spiel mit Worten, mit Codes, mit Anspielungen, mit Bedeutungsänderungen oder Bedeutungsaufladungen von Worten, das vor allem in den vergangenen zwei Jahren geradezu über uns hereingebrochen ist und - das erscheint mir als das eigentlich Erschreckende daran – von den meisten einfach hingenommen wird, unhinterfragt, unreflektiert.
Da ließ ein Innenminister der Republik Österreich das „Erstaufnahmezentrum“ für Flüchtlinge in „Ausreisezentrum“ umbenennen, einfach so, ganz offiziell, und kein einziges Mitglied der Regierung, auch nicht der Bundeskanzler, protestierte dagegen, keine Ministerin, kein Minister, keine Staatssekretärin wies auf die Orwell-mäßige Absurdität dieser Umbenennung hin, schon gar nicht wurden Bedenken bezüglich der europäischen Menschenrechtskonvention und der Internationalen Menschenrechte laut.
Da ist das Überhandnehmen in der Verwendung von Codes, denen sehr viele Menschen, so habe ich immer mehr den Eindruck, unwissend und auch hilflos gegenüberstehen. „Bevölkerungsaustausch“ etwa. In einschlägig rechtsextremen Kreisen ist schon länger vom „großen Austausch“ die Rede, wer also heute und hier bei uns „Bevölkerungsaustausch“ sagt, tut dies nicht zufällig, der weiß, was er damit erreichen will und wen er damit anspricht. Aber der verwendet dieses Wort auch, damit es langsam aber sicher in den normalen gebräuchlichen Wortschatz Einzug hält. Und wir erinnern uns: dieses Wort ist nicht harmlos, die rechtsextremen Identitären verwenden es und der Attentäter von Christchurch in Neuseeland hat es propagiert, bevor er so viele Menschen ermordet hat. Bei uns wurde es nach diesen Morden vom Vizekanzler unserer Republik Österreich verwendet - und verteidigt.
Dass das Wort vom angeblichen „Bevölkerungsaustausch“ auf fruchtbaren Boden fällt, dafür reicht ein Blick nach Weikendorf, einer kleinen Gemeinde 35 km östlich von Wien, wo ein ÖVP Bürgermeister den Hauskauf durch eine palästinensische Familie zu verhindern versucht, weil er nicht will, dass sich Muslime in diesem verschlafenen und wahrlich unattraktivem Nest ansiedeln. Die türkischstämmigen Landarbeiter, die dort in der Umgebung leben und für minimale Löhne auf den Feldern der im Marchfeld wirklich großen Bauern arbeiten, stören ihn nicht, der ehemalige Universitätsprofessor für Englisch mit seiner Familie schon.

Die Umdeutung von bestimmten Worten, die Verwendung von Codes, von einschlägigen Begriffen ist immer nur der Anfang. Und wenn ich auf Facebook die von mir ungewünschte Werbung des Ex-Kurz-Bundeskanzlers lese: „Das Parlament hat bestimmt, das Volk wird entscheiden“, dann kriecht die Gänsehaut über meinen Rücken, denn immer wenn das gerade bei uns durch die Nazivergangenheit so stark aufgeladene Wort „Volk“ als Gegensatz zum gewählten Parlament ins Spiel gebracht wird, dann sollten wir sehr schnell und sehr intensiv darüber nachdenken, wohin das führen kann. Denn damit wird eigentlich eine Delegitimierung des ja doch vom „Volk“ gewählten Parlaments angedeutet. Und es ist die Wortwahl der Rechtsextremen und Rechtspopulisten, die hier durchklingt.

Als ich vor vielen Jahren das erste Mal den Begriff „Gutmenschen“ gehört habe, erschien es mir unvorstellbar, dass sich dieser Ausdruck als negative Beschreibung eines Menschen durchsetzen und in den allgemeinen Sprachgebrauch als Beschimpfung eingehen könnte. Der Begriff „guter Mensch“, also ein Mensch, der einfach menschlich ist und menschlich handelt - ob aus Solidarität, aus Vernunft, aus Mitgefühl oder auch aus christlicher Nächstenliebe – so dachte ich mir damals, kann doch nie negativ besetzt werden, nie zur Beschimpfung werden - wir sind doch nicht bei Orwell 1984. Ich habe mich geirrt.

Dienstag, 13. August 2019

OÖN: "Schriftsteller fordern Konjunktur-Paket für Literatur"

Peter Grubmüller über das Forderungspapier der GAV Oö; OÖN, 13. August 2019:

Oberösterreich-Gruppe der Grazer Autorenversammlung (GAV): Kürzung des Literaturbudgets ist Tiefpunkt nach langem Sinkflug

Das ,Land der Möglichkeiten’ steht Literaturschaffenden nicht offen", schreiben Corinna Antelmann, Judith Gruber-Rizy, Elisabeth Strasser, Dominika Meindl und Rudolf Habringer in ihrer Bestandsaufnahme der "Situation der Literatur in Oberösterreich". Die Autorinnen und Autoren gehören allesamt der Regionalgruppe der Grazer Autorenversammlung (GAV OÖ) an, der größten Schriftsteller-Vereinigung Oberösterreichs. Die GAV nennt die 2018 vorgenommene Kürzung der Literaturförderung des Landes um 34 Prozent einen "Tiefpunkt" nach langem "Sinkflug" und fordert deshalb ein zwölf Punkte umfassendes Konjunktur-Paket für Literatur: unter anderem "eine deutliche Erhöhung des Literaturbudgets"; "ein Haus für die Literatur, in dem Autoren die Möglichkeit haben, selbstverantwortet literarische und performative Programme zu veranstalten"; "die Rückkehr zur jährlichen Vergabe eines Landeskulturpreises für Literatur" (seit 2015 auf zwei Jahre reduziert, Anm.) ; "ein von Autoren selbst verwaltetes und gestaltetes Literaturfestival, bei dem das oberösterreichische Literaturschaffen in seiner Vielfalt präsentiert wird".
Hatte das Literaturbudget des Landes 1998 noch 3,92 Millionen Schilling (rund 284.800 Euro) betragen, so belief sich die Förderung 2018 auf 180.000 Euro (0,1 Prozent des Kulturbudgets). Der bürokratische Aufwand bei der Beantragung von Förderungen habe sich jenem Maß erhöht, in dem deren Höhe schrumpfte.
Der Ankauf literarischer Publikationen durch das Land wurde abgeschafft, wie auch Lesungen in der Landesbibliothek. Zurückgefahrene Budgets für Lesungen und Workshops in Schulen verschärfen die Lage, wobei Literatur in Zentralmatura-Zeiten "zur unbedeutenden Nebensache und zur Herzensangelegenheit engagierter Lehrkräfte verkommen" sei.
Die GAV schlägt deshalb ein "Landesliteraturschulwerk" (vergleichbar mit dem Musikschulwerk) vor, in dem Kinder und Jugendliche, unabhängig vom Einkommen der Eltern, während der gesamten Schulzeit zusätzliche Förderung im "Denken, Lesen, Schreiben, Dichten, Philosophieren" bekommen. Die GAV weiter: "Wir denken auch an Deutschförderkurse, Creative-Writing-Kurse, Präsentationstechniken, Poetry Slams, Gedichte, Songtexte, Reportagen und an die Förderung kritischen Medienkonsums."
Die Landeskulturdirektion erklärt auf OÖN-Anfrage, dass der Ankauf literarischer Publikationen eingestellt wurde, da es sich um eine Doppelförderung gehandelt habe und Literatur nach wie vor durch Druckkostenzuschüsse unterstützt werde. Dass in der Landesbibliothek keine Lesungen mehr stattfinden, sei kein Zeichen mangelnder Wertschätzung, sondern liege an deren Positionierung als Haus der Wissenschaft – und des Adalbert Stifter Instituts als Zentrum für Literatur. Das StifterHaus stelle den Autorenvereinigungen jährlich acht bis zehn Veranstaltungstermine zur Verfügung, die sie eigenverantwortlich gestalten können. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP): "Das Land unterstützt Literaturveranstaltungen, Festivals und literarische Projekte sowie ansässige Autorenvereinigungen." Und mit dem Stifter-Institut verfüge Oberösterreich über eine Einrichtung, die sich zur Gänze der oberösterreichischen Literatur der Gegenwart und der Vergangenheit widme.

Die Situation der Literatur in Oberösterreich: Gesellschaft braucht Literatur

Land der Möglichkeiten?

Was, wenn es keine oberösterreichische Literatur mehr gäbe?
Was, wenn nur noch markttaugliche Geschichten für den gesamten deutschsprachigen Raum erzählt würden, aber keine mehr aus der näheren, vielfältigen Lebenswelt der Menschen? Wenn es keine Literatur mehr in der Sprache gäbe, die den Menschen in ihren Regionen nahe ist? Wenn nur noch einheitliche, mehrheitsfähige, großräumig geltende Themen literarisch verhandelt würden? Was, wenn es keine Literaturveranstaltungen mehr gäbe, bei denen das Publikum den AutorInnen persönlich begegnen kann? Was, wenn lesende und denkende Menschen abseits der großen Metropolen das Gefühl verlören, dass jemand zu ihnen und von ihnen spricht?
Welch eine Verarmung wäre das!

Wir, die Regionalgruppe der Grazer Autorinnen Autorenversammlung Österreich (GAV OÖ), die größte Vereinigung von SchriftstellerInnen des Landes, werden in unserer Arbeit zusehends gehindert. Der Stellenwert der Literatur nimmt ab, unser Beruf ist mittlerweile höchst prekär. Unsere Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten Jahren sukzessive verschlechtert. Das „Land der Möglichkeiten“ steht Literaturschaffenden nicht offen.
Wir leben und arbeiten trotzdem gerne in Oberösterreich. Wir erachten unsere Arbeit als wichtig für das Land. Sehr viele von uns haben sich bewusst gegen eine Karriere in Wien entschieden. Das hat aber einen hohen Preis.

In der Nahrungsmittelindustrie wird das Label „regional“ derzeit massiv beworben, in der Literatur scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Die Krise der Literatur hat gewiss globale Gründe: Sie betrifft Verlage, Literaturhäuser, Bibliotheken, Büchereien am Land, Kulturvereine mit Literaturschiene, Zeitungen. Uns ist klar: Nicht jeder der folgenden Punkte betrifft die Agenden der Landespolitik. Festzuhalten bleibt aber: Wir sehen uns in der Landespolitik nicht vertreten, die einheimische Literatur hat hier keine Lobby.

Im Folgenden daher eine Darstellung der Situation und unsere Forderungen an die Politik, die wir daraus ableiten. Zu jedem einzelnen der zwölf Punkte ist festzustellen: Gäbe es im Land eine Lobby für die Literatur, sähe die Situation anders aus.


Verfasst von Rudolf Habringer, Corinna Antelmann, Judith Gruber-Rizy,
Dominika Meindl und Elisabeth Strasser
im Namen der
Grazer Autorinnen Autorenvereinigung, Regionalgruppe Oberösterreich


Der Stand der Dinge


Literarischer Investitionsstopp in Oberösterreich

Der bürokratische Aufwand bei der Beantragung von Förderungen hat sich in jenem Maß erhöht, in dem deren Höhe schrumpfte. Den Tiefpunkt erreichte diese Entwicklung im Vorjahr: Nach Ankündigung der massiven Kürzung in der Sparte Literatur blieb der Großteil der Anträge dann auch noch monatelang unbearbeitet liegen. Das mussten die Literaturschaffenden Oberösterreichs nicht einfach nur als Zeichen der Geringschätzung erachten. Weitaus schwerer wogen die existenzbedrohenden und absolut unnötigen Engpässe, die vielen KollegInnen und Literaturinitiativen daraus erwuchsen (so löste sich der „Linzer Frühling“ nach 30 Jahren wertvoller Arbeit auf). Angesichts hervorragender Wirtschaftsdaten und eigener Leistungen erschienen die Kürzungen nachgerade als Affront. Dies war der Anlass, endlich gemeinsam die Stimme zu erheben. Die GAV OÖ weiß sich hier einig mit praktisch allen anderen SchriftstellerInnen und Vereinen des Landes.
Künftig wollen wir unsere Forderung nach einem angemessenen Budget für Literatur nicht als höfliche Bitte um Förderung verstanden wissen, sondern als Erinnerung an gesellschaftlich unabdingbare Investitionen.

Dem Tiefpunkt 2018 geht ein langer Sinkflug voran. Laufend und schleichend wurden die Förderungen reduziert: Betrug das Literaturbudget etwa 1998 noch 3.918.440 Schilling (umgerechnet 284.770 Euro, nicht indexbereinigt), belief es sich 2017 laut Förderbericht des Landes nur noch auf 149.481,32 Euro. In Prozenten ausgedrückt liegt der Anteil der Literaturförderung am Kulturbudget des Landes bei 0,08287 Prozent. Der Anteil der Literaturförderung am gesamten Landesbudget beträgt 0,00248 Prozent!1
2018 wurde das Literaturbudget noch einmal um 34 Prozent gekürzt. Die Zahlen im Voranschlag für 2019 sind unmerklich höher: 180.000 Euro für die Literaturförderung, der Anteil am Kulturbudget beträgt 0,10327 Prozent.
Wenn wir von Literaturförderung in Oberösterreich reden, sprechen wir also von einer budgetär nicht ins Gewicht fallenden und kaum mehr wahrnehmbaren Marginalie. EU-Förderungen, wie in den Bereichen Landwirtschaft, Wirtschaftsentwicklung und Tourismus gängige Praxis, sind im Bereich der Literatur nicht vorgesehen bzw. für Kulturschaffende an der Basis auch aufgrund bürokratischer Hürden unzugänglich.
Vor Jahren schon (noch unter der Verantwortung von LH Pühringer) wurde die Vergabe von Landeskulturpreisen und Talentförderungsprämien in der Sparte Literatur auf einen Zweijahresabstand reduziert. Das bedeutete de facto eine Kürzung der Literaturpreise in unserem Bundesland um 50 Prozent. Ersatzlos gestrichen wurde die Förderung des Ankaufs von literarischen Produktionen.

Nach der Einstellung der Publikation 99 des Forums Literatur um Walter Wippersberg existiert keine einzige von AutorInnen herausgegebene kulturpolitisch-diskursive Publikation mehr. Auch die Stadt Linz hat vor Jahren die Produktion der Reihe „edition linz“, die für viele eine Startrampe ins literarische Arbeiten bedeutet hat, eingestellt.
Geld indes ist vorhanden. Nur zwei Beispiele: Im letzten von Dr. Pühringer verantworteten Kulturbudget des Landes wurden etwa allein für den Instrumentenankauf in unserem Bundesland mehr als 19 Millionen Euro ausgegeben (das beinhaltet nicht die Förderungen für einzelne Musikkapellen, deren Förderungen extra ausgewiesen wurde). Die Verbindlichkeiten der Gmundner Festspiele 2016 von 140.000 Euro wurden laut Zeitungsberichten vom Land ausgeglichen (und zusätzlich zur Grundsubvention gewährt).


Kein Raum für unabhängige Literatur

Anders als in anderen österreichischen Hauptstädten (etwa in Salzburg) gibt es hierzulande auch kein Literaturhaus, bei dem AutorInnen die Produktionsmittel für ihre Arbeiten, ihre Präsentationen und ihre Öffentlichkeitsarbeit selber in der Hand haben. Das Stifterhaus nimmt seine Funktion als germanistische Forschungseinrichtung und als Veranstaltungsort, deutschsprachige Literatur zu präsentieren, wahr, aber es ist kein Literaturhaus im oben skizzierten Sinn. Einheimische Autorenvereinigungen haben dort allenfalls Gastrecht. Aufgrund ihres Beamtenstatus war es den im Stifterhaus angestellten KulturbeamtInnen naturgemäß nicht möglich, ihre Solidarität mit den einheimischen Literaturschaffenden offen zum Ausdruck zu bringen, als das Literaturbudget um 34 Prozent gekürzt wurde.
Die GAV OÖ besitzt weder ein Besprechungszimmer, noch ein Büro, noch eine Räumlichkeit, in der sie unabhängige Literatur veranstalten kann.


Das Verschwinden der Literatur aus den Schulen

Die Budgets an Schulen für Lesungen und Workshops wurde in den letzten Jahren deutlich zurückgefahren. Das betrifft sowohl Veranstaltungen an Primar- als auch Sekundarstufen. Schulen haben angesichts der überbordenden Bürokratie und aufgrund von budgetären Kürzungen vielfach aufgegeben, Lesungen und Literatur-Workshops zu veranstalten.
Die Kenntnis literarischer Werke ist in Zeiten der Zentralmatura zu einer unbedeutenden Nebensache und zur Herzensangelegenheit einzelner engagierter Lehrkräfte verkommen. Die vielfach eingeforderte „Textkompetenz“ hat kaum mit Literatur und dem Verständnis und der Interpretation literarischer Texte zu tun.
Literatur muss in der Schule ihren wesentlichen Platz haben. Sie hilft, Persönlichkeit zu entfalten und durch Lust an Sprache und Erzählung Lesekompetenz und Ausdruck zu fördern. Gibt es kein ausgefeiltes Sprachverständnis und keinen souveränen Umgang mit Sprache mehr – etwas, das vor allem durch Literatur gefördert wird –, geht das kritische Denken verloren, das die Basis einer demokratischen Gesellschaft mündiger Bürgerinnen und Bürger ist, die wir doch alle erhalten und stützen wollen.
Mit großem Aufwand wird die digitale Schulklasse propagiert und von der Wirtschaft forciert. Für den Ankauf von Kinder- und Jugendliteratur hingegen wurden etwa, laut Auskunft von Frau MMag. Alt, im Jahr 2017 zusätzlich zum Literaturbudget bloß 20.000 Euro eingeplant – wohlgemerkt für ein ganzes Bundesland! Mit dieser mickrigen Summe ließen sich wohl nur wenige Schulklassen in Oberösterreich digital ausstatten.
Neurologen sehen in der „digitalen Demenz“ mittlerweile eine große Gefahr. Der IQ ist in den Industriestaaten zuletzt gesunken. Die Gefahren der Digitalisierung (Einbußen in den Bereichen Konzentration, übergreifendes Denken, sozialer Kompetenz, Textverständnis, Ausdrucksbreite) werden gerade erst beforscht, „Digital Detox“ versucht bereits wieder, Wege zur digitalen Entgiftung aufzuzeigen.
Und schließlich: Angesichts wiederholter politischer Rufe nach einer „Deutschpflicht“ an Schulen erscheint die gleichzeitige Verdrängung der Literatur als besonders erstaunlich und unzeitgemäß.


Verlust von Bibliotheken und Büchereien

Ein wichtiger Partner für im Land wohnende AutorInnen sind die Bibliotheken und Büchereien. Sie sind die Einrichtungen, die Lesende auf (auch hierzulande entstandene) literarische Werke aufmerksam machen und auch bildungsferne Schichten an Literatur heranführen. Ist ihr Betrieb ohnehin zumeist nur dank ehrenamtlichen Engagements möglich, bringen sie aktuelle Kürzungen an den Rand des Möglichen. Honorare für AutorInnen erscheinen so als Luxus. In Linz wurden 2017 nach und nach fünf Bibliotheken zugesperrt, und Ende letzten Jahres schloss die Dombücherei in Linz mit der Argumentation, das Gedruckte verliere an Bedeutung. Und dass ausgerechnet in der Landesbibliothek keine belletristischen Lesungen mehr stattfinden können, ist ein überdeutliches Zeichen mangelnder Wertschätzung von Literaturschaffenden.

Starke Einschränkungen für Publikationsmöglichkeiten

Die Publikationsmöglichkeiten für LiteratInnen in heimischen Medien haben sich in den letzten Jahrzehnten stark eingeschränkt. In den 1950er Jahren konnten AutorInnen von einem Honorar für einen längeren Beitrag in einer Zeitung ein paar Monate lang leben. Die früher übliche Publikation von Primärtexten (Erzählungen, Gedichte, Reportagen, Romanauszüge) in Printmedien gibt es nicht mehr. AutorInnen als KolumnistInnen in oberösterreichischen Tageszeitungen wird man (bis auf eine Ausnahme: der oö. Sonntagskurier) im „Land der Möglichkeiten“ vergeblich suchen. Warum? Weil hier lebende AutorInnen nicht schreiben können? Weil ihr Wort unbequem wäre? Weil ihre Wortmeldungen nicht zur neoliberalen Blattlinie passen?
Der ORF hat im Laufe der Jahre die Produktion von literarischen Sendungen stark reduziert. Als öffentlich-rechtliche Einrichtung hat er den gesellschaftlichen Auftrag, auch Literatur zu Wort kommen zu lassen. Schon lange aber werden in Oberösterreich keine Hörspiele mehr produziert, rein literarische Sendungen mussten Mixformaten weichen, in denen alles Mögliche vorkommen kann. Audiophone Formate, bei denen AutorInnen zu Wort kommen (früher gab es so etwas wie Radiokolumnen), gibt es lange schon nicht mehr.
In den Massenmedien kommt Literatur nicht mehr vor. Was bei den unabhängigen Tageszeitungen als Ignoranz oder reine Marktorientierung ausgelegt werden kann, ist im Fall des ORFs eine Verweigerung des Bildungsauftrages. Dabei gäbe es im Land gute Vorbilder in Form der Freien Radios und von Dorf TV, die regelmäßige Literaturformate senden und Lesungen häufig aufzeichnen. Auch in der „Versorgerin“ und der „Referentin“ ist Literatur ein wichtiger Teil der Berichterstattung. Hier bleibt sehr viel Potenzial ungenutzt. Das Land Oberösterreich ist gefordert, dieser Arbeit durch Werbemaßnahmen o.Ä. Rechnung zu tragen.


Auftragslage an Theatern

An den Theatern gibt es sehr wohl noch Aufträge für jüngere AutorInnen. Aus ökonomischen Gründen hat sich aber auch dort seit Jahrzehnten die Usance breit gemacht, Übersetzungen, Neuübersetzungen, Stückaufträge, neuerdings verstärkt Dramatisierungen von Romanen an Kreative zu vergeben, die bereits in den vorhandenen Strukturen verankert sind (Dramaturgen, Regisseure, SchauspielerInnen). Ein Zitat aus der ZEIT von 1989: „Die Leitungsteams aller westdeutschen Bühnen zusammen verdienten 1989 das Achtfache aller Autoren zusammengenommen, und zwar ausschließlich für die hausinternen so genannten Übersetzungen und Bearbeitungen und selbst geschneiderten Weihnachtsmärchen, die selbstverständlich alle im großen Haus gespielt wurden.“2 Wir nehmen nicht an, dass sich dieses Verhältnis seit damals zu Gunsten von freiberuflichen AutorInnen verändert hat.

Literaturpreise

Ein wichtiger Impulsgeber war seit den 1970er Jahren die Arbeiterkammer Oberösterreich, die mit der Einführung des Max von der Grün-Preises (es gab drei Preise und vier Anerkennungspreise) und des Linzer Geschichtenschreibers vor allem jungen AutorInnen ermöglichte, mit ihren Werken öffentlich wahrgenommen zu werden. Bei den jährlichen Workshops lernte sich eine ganze Generation von AutorInnen kennen. Unter den Preisträgern finden sich viele bekannte Namen wie Paulus Hochgatterer, Franzobel, Walter Kappacher, Eugenie Kain, Erich Hackl, Christine Haidegger, Walter Kohl. Weitere aktuelle Mitglieder der GAV OÖ unter den PreisträgerInnen: Dietmar Füssel, Bernhard Hatmansdorfer, Judith Gruber-Rizy, Helmut Rizy, Elfriede Kern, Erich Wimmer, Hermann Knapp und Rudolf Habringer). Die Dotierung dieser Preise lag 1998 bei 200.000 Schilling (unter Einbeziehung des Geschichtenschreibers bei etwa 300.000 Schilling). Der nachfolgende Buchpreis der AK (für einen Preis) erreichte nicht annähernd mehr die Dotierung der 1990er Jahre. Der aktuell biennal ausgeschriebene AK-Literaturpreis ist mit insgesamt € 10.000 dotiert und damit ein guter Impuls, reicht aber nicht an das Vormalige heran.


Die Krise der Literaturkritik und der Kulturpublizistik

SchriftstellerInnen verteidigen den Journalismus als vierte Säule des Staates. Gleichzeitig müssen sie einen eminenten Bedeutungsverlust literarischer Berichterstattung zur Kenntnis nehmen. Sorge bereitet die verschwindende Literaturkritik, ganz besonders in der ohnehin kargen oberösterreichischen Medienlandschaft. Rezensionen bekommen in Tageszeitungen kaum noch Platz, werden äußerst schlecht bezahlt und konzentrieren sich auf die „Big Player“ oder populäre QuereinsteigerInnen im Literaturbetrieb. Das literarische Leben ist in der Realität noch vielfältig, medial bildet sich das aber kaum ab.
Lesungen werden von RedakteurInnen prinzipiell nicht mehr besucht und besprochen. Nur bei literarischen Events einer Großbank gibt es ein Interview mit dem eingeladenen literarischen Superstar.


Kein nennenswerter Belletristik-Verlag in Oberösterreich

Im reichen Wirtschaftsland Oberösterreich, dem „Land der Möglichkeiten“, gibt es keinen einzigen nennenswerten literarischen Verlag, der hier auch tatsächlich seinen Sitz hätte – wie Otto Müller und Jung und Jung in Salzburg, Droschl und Styria in Graz, Ritter in Klagenfurt, Haymon in Innsbruck, Residenz in Wien und Salzburg, Bibliothek der Provinz in Niederösterreich und Zsolnay, Deuticke, Picus, Kremayr und Scheriau und viele andere in Wien.


Vom Fehlen der Geisteswissenschaft

Auch fehlt dem Bundesland eine geisteswissenschaftliche Universität mit einem germanistischen Institut bzw. einem Institut für vergleichende Literaturwissenschaften. Daher gibt es hier auch kein akademisches Lehrpersonal (ProfessorInnen, AssistentInnen), das die Sichtbarmachung und Beforschung österreichischer und oberösterreichischer Literatur möglich machte. Selbst dem Stifterhaus fehlen die Mittel, um die dort liegenden Nachlässe zahlreicher oberösterreichischer AutorInnen konsequent aufarbeiten zu lassen.
Mit dem Fehlen einer geisteswissenschaftlichen Fakultät mangelt es naturgemäß auch an Expertise für Literatur und damit an Multiplikatoren und Netzwerken, die den Literaturbetrieb beleben.
Die AutorInnen sind damit auf sich allein gestellt und erleben in Oberösterreich einen klassischen Standortnachteil.


Die finanzielle Situation Literaturschaffender

Nur eine ganz kleine Gruppe von AutorInnen kann in Oberösterreich gänzlich freiberuflich leben – und das überwiegend auf bescheidenem Niveau. Ihre Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten Jahren sukzessive verschlechtert. Viele AutorInnen, die in unserem Bundesland geboren wurden, sind weggezogen und leben außerhalb von Oberösterreich. Kann das im Interesse des Landes liegen? Niemand ist noch so vermessen, zu verlangen, vom Verkauf der Bücher leben zu können. Sogar AutorInnen, die in der Öffentlichkeit als erfolgreich gelten und die seit Bestehen der Künstlersozialversicherung (2001) als KünstlerInnen versichert sind, erwartet am Ende ihrer Schaffenszeit nichts anderes als die Altersarmut. Die jüngst herausgegebene Künstlersozialstudie von 2018 wurde politisch so gut wie nicht rezipiert und zeitigte auch keine kulturpolitischen Folgen. Nur ein Satz aus der Studie sei zitiert: „Insgesamt ist der Lebensstandard von Kunstschaffenden und Kunst- und Kulturvermittler/innen im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen jedoch deutlich nachteilig: Gut ein Drittel kann der einkommensschwachen Gruppe zugerechnet werden und muss damit als armutsgefährdet gelten.“ 3
Das Prekariat ist kein „Privileg“ von AutorInnen. MusikerInnen ist es jedoch dank des Landesmusikschulwerkes möglich, sich unterrichtend ein basis- und sozialversichertes Auskommen zu erwirtschaften und sich daneben und oft zeitlich gleichwertig (bei entsprechender Ambition) noch künstlerisch zu betätigen.

Wir skizzieren eine freundliche Utopie: das Landesliteraturschulwerk. Ein engmaschiges, dezentrales Bildungssystem, das Kindern nach der Schule die verschiedensten Spielarten der Literatur näherbringt. Für wenig Geld, sodass alle Mädchen und Buben, unabhängig vom Einkommen der Eltern, während der gesamten Schulzeit von versierten Fachleuten zusätzliche Förderung im Denken, Lesen, Schreiben, Dichten, Philosophieren bekommen. Wir denken an Deutschförderkurse, an Creative-Writing-Kurse, an Präsentationstechniken, an Poetry Slams, Gedichte, Songtexte, Reportagen, an die Förderung kritischen Medienkonsums. Wir denken an eine höchst wirksame Maßnahme gegen digitale Demenz und sekundären Analphabetismus. Wir denken an die Schönheit der Sprache und an die Freude, mit ihr zu spielen und dies Kindern zu vermitteln.


Literatur in den Kulturleitbildern des Landes Oberösterreich und der Stadt Linz

Auch in den kulturpolitischen Leitbildern schlägt sich die mangelnde Wahrnehmung der literarischen Szene nieder. Die Positionierung der Literatur als kulturpolitischer Faktor findet sich darin nur unter „ferner liefen“. (Beispiel Land OÖ: Literatur acht mal, Musik 49 mal, Theater 33 mal, Volkskultur 46 mal. Stadt Linz: Der Begriff Literatur findet sich 14 mal, in den meisten Fällen rein deskriptiv, der Begriff Musik 58 mal, der Begriff Ars 55 mal).
Das bald schon wieder obsolete Kulturleitbild des Landes OÖ betont die gegenseitige Verschränkung von Globalisierung und Regionalisierung, wenn es heißt: „Die Auswirkungen der Globalisierung auf die Kunst- und Kulturszene verlangen nach Strategien, die oberösterreichische Kunst und Kulturschaffende dabei unterstützen, die Chancen einer ‚global community’ nützen zu können. Die Unverwechselbarkeit der Kulturlandschaft Oberösterreich ist dabei ein wichtiger Orientierungsrahmen im Dienste eines zeitgemäßen, weltoffenen, zukunftsorientierten Dialogs im globalen Zeitalter. Die geistige und kulturelle Verankerung in der Region widerspricht also nicht globalem Denken und Handeln, sondern steht in einem Verhältnis wechselseitiger Anregung. Die Globalisierung erfordert, das Regionale in seiner Eigenart und gleichzeitigen ‚globalen’ Vernetztheit zu sehen und zu fördern. So kann die kulturelle Vielfalt des europäischen Raums lebendig erhalten und weiterentwickelt werden.“


Vom Wert des Sandes im Getriebe


Denken ohne Sprache ist unvorstellbar, sagt Hannah Arendt. Wir brauchen denkende Menschen in diesem Land. Literatur ist Lust und Bildung und Freude. Genauso wesentlich ist ihr aber auch die kritische Distanz. Literatur muss um ihrer selbst willen bestehen, Experimente wagen und Avantgarde sein. Ebenso essenziell ist aber die Berufung der Schreibenden, Wächter zu sein. Die Freiheit des Wortes ist die Freiheit der Gesellschaft. Deswegen befinden sich AutorInnen derzeit weltweit im Alarmzustand, und auch hier, in einer der reichsten Regionen der EU, nehmen sie den Kampf gegen Entsolidarisierung, Nationalismus, Xenophobie, Populismus und neoliberale Umverteilung auf.
Zum Selbstverständnis (nicht nur) der AutorInnen der GAV OÖ gehört es, in intellektueller Redlichkeit gesellschaftliche Vorgänge kritisch zu beobachten, zu beschreiben und zu bewerten. Wie leben Menschen unter den Bedingungen unserer Zeit, wie verhält sich eine Gesellschaft zu ihren Rändern, zu Außenseitern, Randgruppen, Eingewanderten, wo liegen die Bruchstellen? Die Nähe zur Politik kann daher nicht intendiert sein. Wir sehen als Aufgabe und Funktion von Literatur, was Günter Eich in seinem Gedicht „Wacht auf“ festgehalten hat: „Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!“
Für (Kultur-)PolitikerInnen ist gerade die Literatur ein sperriges, zeitraubendes Feld. Eine Rede bei einer Vernissage halten, ein Festival eröffnen, ein Konzert, ein Theaterstück ansehen – kein Problem. Zum Lesen aber brauchte es Zeit, und die haben PolitikerInnen (so wie wir alle) halt zu wenig. So findet Literatur außerhalb von Sonntagsreden nur weitgehend unterhalb des Radars kulturpolitisch Verantwortlicher statt.
In diesem „Land der Möglichkeiten“, als das sich das Land OÖ gern sieht, in diesem Land der prosperierenden Wirtschaft, scheint es für diese kritische Funktion von Literatur keinen Platz zu geben. Wie mit denen umgehen, die Sand im Getriebe sein wollen, „während die Ordner der Welt geschäftig sind“ (Günter Eich)? Der Literatur fehlt in unserem Bundesland die Wertschätzung, die ihre geistige und gesellschaftliche Bedeutung anerkennt. Die AutorInnen Oberösterreichs verlangen, dass ihre Romane, Gedichte, Dramen, Performances, Satiren, Kurzgeschichten, Lesebühnen, Poetry Slams, Work-Shops, Reportagen, Kolumnen als Teil der oberösterreichischen Kultur gesehen und in angemessener Weise honoriert werden.
Wir haben Generationen von Politikern von einem „klaren Bekenntnis zur Literatur“ sprechen gehört, von ihrer „nicht zu überschätzenden Bedeutung für die Gesellschaft“. Wer wollte widersprechen? Aber wer nimmt sie beim Wort? Wir wollen es versuchen. Wir versprechen der Politik in Oberösterreich weiterhin unsere kritische Begleitung, aber auch konkrete Forderungen sowie unsere gesammelte Kompetenz. Nicht aus Eigennutz, sondern weil wir uns dem Wohl des Landes verpflichtet sehen. Für jeden der folgenden Forderungspunkte stellen wir gerne ausführliche Expertisen zur Verfügung. 

 
Ein Konjunkturpaket für die Literatur

Was wir fordern:
  • Ein ernst zu nehmendes Bekenntnis des Landes Oberösterreich zu seiner Literatur
  • Eine deutliche Erhöhung des Literaturbudgets - statt der aktuellen 150.000 mindestens auf 335.000 € (s. Abbildung unten). Warum bekommt die Literatur nicht einmal die Hälfte anderer Sparten?
  • Ein Haus für die Literatur, in dem AutorInnen die Möglichkeit haben, selbstverantwortet literarische und performative Programme zu veranstalten
  • Die Rückkehr zur jährlichen Vergabe eines Landeskulturpreises für Literatur. Zusätzlich: Einführung des Marlen-Haushofer-Stipendiums und des Marlen-Haushofer-Preises (mehr dazu im Anhang).
  • Ein transparentes und zeitgemäßes (den gegenwärtigen Arbeitsbedingungen der AutorInnen angepasstes) Fördersystem für Schreib-, Aufenthalts- und Recherchestipendien (s. Anhang)
  • Eine differenzierte Darstellung der Literaturförderungen in einem Förderbericht
  • Die Förderung für Literaturzeitschriften (auch in digitaler Form) in Oberösterreich
  • Ein von AutorInnen selbst verwaltetes und gestaltetes Literaturfestival, bei dem das oberösterreichische Literaturschaffen in seiner Vielfalt präsentiert wird
  • Start-up-Unterstützung zur Begründung eines oberösterreichischen belletristischen Verlages
  • Eine Reiseunterstützung für AutorInnen für Auftritte außerhalb Oberösterreichs (Lesungen, Messeteilnahmen etc.)
  • Die Evaluierung von best practices anderer Bundesländer bei der Literaturförderung
  • Eine intensive Debatte über die Verbesserung des oberösterreichischen Kulturjournalismus

 Die OÖN berichten am 10.8. über den Protest der Freien Szene (Bildausschnitt)

Wer wir sind: Die Regionalgruppe der Grazer Autorinnen Autorenversammlung Oberösterreich

Mit aktuell 63 Mitgliedern (Tendenz steigend) stellt die GAV OÖ die größte Vereinigung von SchriftstellerInnen in Oberösterreich dar. Der Name „Graz“ stiftet regelmäßig Verwirrung und geht auf den Entstehungsort der bundesweiten, basisdemokratisch geführten Versammlung zurück. 1973 gründeten AutorInnen wie H.C. Artmann, Gerhard Rühm, Wolfgang Bauer, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker oder Alfred Kolleritsch die GAV; aus Oberösterreich stammten der kürzlich verstorbene Friedrich Achleitner, Heimrad Bäcker, Waltraud Seidlhofer, Josef Bauer oder Fritz Lichtenauer. Kulturpolitisches Engagement und die antifaschistische, emanzipatorische Grundhaltung machen die DNA der GAV aus. Die Regionalgruppe Oberösterreich ist die größte und aktivste, sie steht in enger Verbindung mit der Zentrale in Wien, arbeitet aber als autonome AutorInnengruppe seit 1983 höchst eigenständig.
2019 organisiert die GAV OÖ 18 Literaturveranstaltungen unterschiedlichster Ausprägung. Wir präsentieren (entweder ehrenamtlich oder weit unter dem empfohlenen Mindesthonorar der IG AutorInnen): neue Stimmen, germanistische Vorträge, kulturpolitische Kundgebungen, feministische Abende, lyrische und experimentelle Performances, große Gruppenpräsentationen, den Austausch mit anderen Bundesländern und Regionen, Literatursendungen im freien Fernsehen und Radio, Romane, Gedichte, Dramen, Essays, Kommentare, Satiren, Lesebühnen, Poetry Slams, Workshops an Schulen, Schreibseminare und Lesekreise.
Seit Anfang dieses Jahres betreiben wir ein eigenes Blog unter https://www.gavoö.at/ und veröffentlichen die Zeitschrift X-Blatt.
Seit 1. Jänner 2019 hat die GAV OÖ ein neues Führungsteam: Dominika Meindl (Regionalsprecherin, Vorstand), Judith Gruber-Rizy und Rudolf Habringer (StellvertreterInnen) sowie Elisabeth Strasser (Finanzen). René Bauer und Herbert Christian Stöger obliegen die Agenden der Öffentlichkeitsarbeit.

Anhang:

Adaption der Preise und Arbeitsstipendien des Landes Oberösterreich


Generell ist eine deutliche Erhöhung der Stipendien sowie der Landespreise dringend anzuraten. Mangels adäquater Indexanpassung betrug der Wertverlust in den vergangenen 20 Jahren rund ein Drittel. Auch wiederholen wir unsere Forderung, die Entscheidung aus dem Jahr 2011, die Landeskulturpreise nur noch biennal zu vergeben, rückgängig zu machen.

Im Sinne der Gleichstellung – alle großen Kulturpreise des Landes sind nach Männern benannt (was sich bei den Preisträgern fortsetzt)! – schlagen wir die Einführung des Eugenie-Kain-Preises in entsprechender Höhe (mindestens jener der anderen Preise) vor. Dieser wird an AutorInnen vergeben, die sich in ihren Texten kritisch mit dem sozialen oder ökologischen Wandel auseinandersetzen (das Interesse an Klima- und Gesellschaftswandel soll sich nicht nur anhand eines einzelnen Textes belegen lassen).

Das Marlen-Haushofer-Stipendium in der Höhe von 10.000 Euro wird zusätzlich zu den biennalen Stifter-Stipendien als jährliches Stipendium an AutorInnen vergeben (vgl. das Jahresstipendium, das in Salzburg jährlich einmal vergeben wird).

Kleinere Stipendien sollten laufend eingereicht werden können.

Kleine Arbeitsstipendien von 500 bis 1000 Euro:
für AutorInnen ganz am Anfang ihrer Laufbahn, die etwa bislang „nur“ in Zeitschriften veröffentlicht haben, bei Poetry Slams aufgetreten sind o.Ä.
Auch für etablierte AutorInnen für kleine Recherchevorhaben, kleinere Reiseunterstützung und als Arbeitsmittelbehelf (Computer, Drucker etc.).

Mittlere Arbeitsstipendien von 1500 bis 7000 Euro:
Die Projekte von AutorInnen mit entsprechenden literarischen Lebensläufen sollten auch im Anfangsstadium gefördert werden. Als je für sich ausreichendes Kriterium dieses Curriculums erachten wir:
  • Eine Publikation in einem anerkannten Verlag (kein Self-Publishing) oder Literaturzeitschriften; Hörspiele und Radiobeiträge
  • Einen Literaturpreis (Staatsstipendien, auch GewinnerInnen von namhaften Poetry-Slam-Ereignissen wie dem Ö-Slam, von Dramatik- und Lyrikpreisen, medien-übergreifenden Preise z.B. Video/Film/Literatur etc.)
  • die Absolvierung einer einschlägigen Ausbildung (Leondinger Literaturakademie, Studium der Sprachkunst an der Angewandten)
  • die Mitgliedschaft in der GAV (eine Jury entscheidet hier biennal über die Aufnahme) oder ähnlichen anerkannten Literaturvereinigungen
  • den Nachweis der Künstlersozialversicherung

Zur vielfach geforderten Ausweitung der Förderkriterien: Öffnung des Fokus von den „klassischen“ konkreten Publikationsmöglichkeiten hin zu neuen (durchaus auch digitalen) Formaten, die verschiedene Genres, Techniken und Stile verbinden. Also literaturnahe Mischformen wie lyrische Performances, dramaturgisch-literarische Inszenierungen (Lesetheater), satirische Programme, qualitative Poetry-Slam-Beiträge, Song-Texte, die Zusammenstellung von Anthologien, thematisch orientierte und regelmäßig geführte Blogs, das Erstellen von literarischen Workshops, Lesebühnen, niederschwellige Präsentationen jenseits etablierter Veranstaltungsorte, das Verfassen von Drehbüchern.
Dazu kommen Recherchereisen, einschlägige Fortbildungen oder private Lektoratsdienste.

Ateliers des Landes Oberösterreich
Ausweitung des Angebots an Aufenthaltsstipendien: Adäquater Ersatz für das Atelier in Norditalien. Kooperation mit Wien oder den Bundesforsten (vgl. Waldstipendium).
Erhöhung des Aufenthaltsstipendiums auf 700 Euro.
Vergleich mit anderen Bundesländern: Das Land Niederösterreich etwa bietet KünstlerInnen Ateliers in Budapest, Chicago, Melbourne, Nida (Litauen), Örnsköldsvik (Schweden), Westport (Irland) und Woodside (Kalifornien) an.

Fußnoten:
2 Aus „Ehret die Dichter“ von Ute Nyssen, Theaterverlag Nyssen & Bansemer, 2001
3 Petra Wetzel, unter Mitarbeit von Lisa Danzer (L&R Sozialforschung) Veronika Ratzenböck, Anja Lungstraß, Günther Landsteiner (österreichische kulturdokumentation) (HG.): Kurzfassung: „Soziale Lage der Kunstschaffenden und Kunst- und Kulturvermittler/innen in Österreich“ 2018 Ein Update der Studie „Zur sozialen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich“ 2008, S.5. Aufgerufen (Langfassung) https://www.kunstkultur.bka.gv.at/documents/340047/651233/EB-Soziale-Lage-Kunstschaffender-Kunst-Kulturvermittler-nb.pdf/7c96ed2a-b5ab-4520-958b-827b80c9df57 am 5.6. 2019

Was wir lesen - am Welttag des Buches!

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