Rezension von Barbara Rieger
Lisa-Viktoria Niederberger hat sich des Themas Lichtverschmutzung angenommen und es kindgerecht aufbereitet.
Die Hauptfigur Maya möchte, wenn sie groß ist, Wissenschaftlerin werden, am liebsten Astronautin. Sie möchte die Sterne sehen, bzw. den aktuellen Sternschnuppenregen über der Stadt. Doch aufgrund der zahlreichen Lichtquellen überall ist das nicht so einfach möglich. Als ihre Eltern im Bett sind, macht Maya sich gemeinsam mit der erwachsenen Nachbarin Rabea – einer Ärztin, die oft nachts wach sein muss - auf die Suche nach jener Dunkelheit, ohne die man die Sterne nicht sehen kann.
Auf dem Weg durch die Stadt treffen wir mit den beiden auf (nachtaktive) Tiere, Pflanzen und Menschen und lernen einiges über Licht und Dunkelheit. Neben der erzählten Geschichte stehen zusätzliche Textelement, die noch mehr Fachwissen vermitteln. Die Sprache ist klar, der Inhalt auch, die Illustrationen sind liebevoll.
Im Nachwort hält Lisa-Viktoria Niederberger fest, dass ein Vortrag über Lichtverschmutzung und seine negativen Auswirkungen den Anlass zu diesem Buch gab und dass sie ein Umdenken auf gesellschaftlicher Ebene für dringend erforderlich hält. Für Erwachsene, die sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen, lässt sich schon jetzt ihr im Frühjahr 2025 bei Haymon erscheinender Essayband „Dunkelheit. Ein Plädoyer“ empfehlen.
„Helle Sterne, dunkle Nacht“ ist bereits das vierte Kinderbuch von Niederberger. Während die Abenteuer von Nali und Nora (Teil 1 bis 3) von Sandra Brandstätter illustriert wurden, arbeitete sie für dieses Buch mit der preisgekrönten Illustratorin Anna Horak zusammen, die auf ihrer Webseite zu diesem Buch schreibt: „ich konnte meinen Tintenkünste testen und ordentlich Farbe aufs Papier bringen.“
Die vorherrschenden Farben sind dunkelviolett bis -blau sowie gelb. Dazwischen finden sich weiße Seiten, die die Gestaltung optisch auflockern und das Buch ästhetisch insgesamt sehr ansprechend machen. Von einem meiner jungen Testleser wurde allerdings angemerkt, dass die einzelnen Figuren auf jedem der Bilder anders aussehen, was verwirrend sei.
Apropos verwirrend: Die Eltern von Maya, die auf der zweiten Doppelseite vor dem Fernseher sitzend eingeführt werden, hätte ich selbst auf den ersten Blick als queer identifiziert, im Text werden sie auf der nächsten Seite als „Papis“ bezeichnet. Diese eher seltene Familienkonstellation passt zwar gut ins Programm des Verlags – „Zeitgenössisches Indie-Publishing mit feministisch-queerem Fokus aus Wien: Kindgerecht und ohne stereotype Genderrollen“ - führte aber bei beiden meiner Textleser_innen (4 und 9 Jahre alt) zu Irritation und zu Diskussionen, welche meiner Meinung nach durchaus wichtig zu führen sind, aber weg vom Thema der Lichtverschmutzung führen. Schade wäre es jedenfalls, wenn eine diesbezügliche Irritation bei konservativeren Eltern zum voreiligen Zuklappen des Buches führt.
Denn dieses Buch ist nicht nur wichtig, es fetzt auch! Und funkelt und strahlt. Trotz, oder eben gerade wegen der Dunkelheit.
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