9. Mai, Stifterhaus
Fotos: Helmut Rizy
Organisation, Text und Moderation: Dominika
Gleich zu Beginn drei Geständnisse:
Erstens Pardon für die Städte-Verwirrung. Gegründet 1973 in Graz, bald und endgültig nach Wien gezogen, heute in Linz - die GAV macht es uns mit ihrem Namen nicht immer ganz einfach. Aber das ist auch nicht die Aufgabe von Literatur. Außerdem ist das Stifterhaus auch so ziemlich voll geworden.
Zweitens ist es ein wenig geschwindelt, wenn wir 50 Jahre GAV OÖ feiern, das kommt eigentlich erst 1988, aber wir haben einfach von Staats wegen the licence to lie und wollen keine Gelegenheit zum Feiern auslassen.
Drittens ist die Abgrenzung zum PEN nicht mehr in strengster Schärfe gegeben, und das ist ok so. Immerhin fand unsere Feier inmitten der Ausstellung des PEN OÖ statt, der gerade 100 geworden ist.
Das Stifterhaus ist uns von großer Bedeutung, als Institution an sich (die wir mit Zuneigung und Kritik begleiten, weil wir das Land Oberösterreich mit Zuneigung und Kritik begleiten). Der Abend gelang wegen der Umsicht des Teams, das hier die liebe Regina Pintar repräsentiert.
Das Hauptproblem der Organisation eines solchen Abends war ein Luxusproblem: Wen holen wir auf die Bühne? Es macht mich natürlich auch sehr glücklich, als Kuratorin aus dem Vollen schöpfen zu können – aktuell 69 Mitglieder –, und ich entschuldige mich bei allen, die am 9. Mai nicht ins Rampenlicht durften.
Es ist ein schönes Erbe als Regionalsprecherin, das ich 2019 angetreten habe (anfangs hätte ich es so formuliert: "das mir aufgelastet wurde, aber ich kann Kurt Mitterndorfer keinen Wunsch abschlagen"). Weil zum Glück bis auf eine traurige Ausnahme alle meine Vorgängerinnen noch leben, zähle ich sie lieb grüßend der Reihe nach seit 1988 auf: Christian Steinbacher, Richard Wall, Jutta Skokan, Andreas Renoldner, Eugenie Kain, Andreas Weber, Kurt Mitterndorfer. Das anfängliche Überforderungsgefühl ist der Freude gewichen, weil mich Elisabeth Strasser als "Finanzministerin" auf eine Weise unterstützt, die ich gar nicht zu viel ausposaunen möchte, weil sie sonst "weggeheadhuntet" wird. Judith Gruber-Rizy und Rudi Habringer haben sich vom Stellvertretungsamt in die Pension begeben, ich werde sehr nachtragend sein, was meinen Dank betrifft. Ihr logischer Nachfolger ist Herbert Christian Stöger, seit Kurzem unterstützen uns Marlene Gölz und Lisa-Viktoria Niederberger bei der Öffentlichkeitsarbeit (an dieser Stelle gab's Zwischenapplaus für diese nicht immer angenehme Arbeit).
Den Anfang machten unser dienstältestes und das dienstjüngste Mitglied:
Lisa-Viktoria Niederberger (2021) ist binnen kürzester Zeit zu einer starken Stimme im literarischen Linz geworden. Sie beherrscht authentische Beschreibungen von bildhaften Alltagssituationen und steht für feministisches, gesellschaftspolitisches Engagement – und dafür steht auch die GAV.
Richard Wall (1989) – gesellschaftspolitisches Engagement ist auch seine Sache. Er ist Dichter und bildender Künstler, großartiger Reise-Chronist. Etliche seiner Texte sind in unserem Blog nachzulesen. Ganz nebenbei wird er heuer auch 70 und veröffentlicht länger, als ich das Alphabet kann.
Musik
kam von Rudi
Habringer
– stellvertretend für die Multitalente im Verein. Das ist eine gute Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass er im Herbst einen Band mit Erzählungen veröffentlicht. Rudi war einer der ersten, die mich (DM) im oberösterreichischen Literaturbetrieb freundlich empfangen haben; es liegt an ihm, Walter Kohl, Kurt Mitterndorfer und Andreas Weber, dass ich mich darin sehr bald willkommen gefühlt habe. Diese Herren haben mich auch in die GAV OÖ gelockt. Rudi spielte drei Songs, und jede im Raum hätte gern noch drei mehr gehört.
Die Anwesenheit Waltraud Seidlhofers hat alle sehr gefreut. Sie ist eines von zwei Gründungsmitgliedern, und wer sie kennt, weiß um ihren Unwillen, im Mittelpunkt zu stehen. Dankenswerterweise hat Till Mairhofer die schöne Aufgabe übernommen, ihr schön zu tun. Er hat in langer Vorbereitung Texte und Worte von und über sie zusammengestellt. Auch er übt sein literarisches, literaturpädagogisches und dramaturgisches Handwerk schon lange, verdienstvoll und in aller Vielfalt aus. Er repräsentiert heute Steyr. Und immer, wenn über Waltraud Seidlhofer gesprochen wird, ist in liebevoller Erinnerung Gregor M. Lepka anwesen, dem sie über viele Jahrzehnte "lyrische Beifahrerin" war.
Apropos Gründungsmitglied! Apropos Erinnerung. Meine traurigste Aufgabe ist es, immer wieder (zum Glück nicht zu oft), die Listen der Kolleginnen und Kollegen zu aktualisieren. So bei Walter Pilar, m.rutt, zuletzt Eva Fischer.
Fritz Lichtenauer erinnerte an Josef Bauer. „Urgestein“ klingt immer so uncharmant, ich sage lieber, Lichtenauer ist ein Pfeiler des oö. Literaturbetriebs. Er hat Bücher mit großer Themenvielfalt veröffentlicht, er ist der Meister der visuellen Poesie, konkreter Kunst und Fotographie; Redakteur der Rampe und des Kulturberichts. Er las zwei Texte für Josef Bauer, die in den „Facetten“ erschienen sind – der Erfinder der „taktilen Poesie“ ist Anfang 2022 verstorben.
Judith
Gruber-Rizy
las Gedichte sowie einen Auszug aus dem letzten Roman von Hans
Eichhorn. Der Wortfischer unserer Herzen, ist Anfang
2020 verstorben, wir vermissen ihn sehr. Sie erinnerte an seine Arbeit als Fischer (übrigens waren auch Gruber-Rizys Eltern Berufsfischer, am Traunsee) und Dichter. Eichhorn war der GAV OÖ bis ganz zum Schluss eng verbunden. Zu unserer großen Freude hat Elisabeth Eichhorn am 9. Mai mit uns gefeiert.
Bis vor kurzem war Gruber-Rizy engagiertes Mitglied im Vorstand, Mitglied ist sie seit 1994.
Das Schöne an der Literatur ist ja, dass man auch so rund um die 40 die neue Generation verkörpert. Mieze Medusa ist aber ganz unabhängig von ihrem Geburtsdatum eine Repräsentantin des Neuen - sie beherrscht ihr Handwerk nicht nur in der klassischen Romanform, sondern ist eine der allerersten Slam-Poetinnen Österreichs. Es freut uns so, dass sie sich freut, von uns in OÖ vereinnahmt zu werden, obwohl der Ort ihrer höchsten Aufenthaltswahrscheinlichkeit 1. Wien und 2. irgendein Zug ist. An diesem Abend las sie einen Text, der exklusiv im X-Blatt zum Thema "Identität" erschienen ist + einen Text, der den Rap ins Rampenlicht bringt.
Eine, die wir auch mit viel Zuneigung zu Werk und Autorin für OÖ vereinnahmen, ist Anna Weidenholzer, die seit 2012 Mitglied der GAV ist. Ihr zu Ehren trug ich das Katzenhemd. Sie las aus einer noch nicht veröffentlichten Erzählung, in dem ein Gast sich in einer Pension als treuer Wiederkehrer einrichtet, ein bisschen gegen den Willen der Betreiber, aber mit großer Zustimmung des dicken, halbschwänzigen Hauskaters.
Ohne mich selbst loben zu wollen, kann man doch festhalten, dass es taktisch gut aufgegangen ist, nach einem bereits so reichhaltigen Geschehen einem wie René Freund den Schluss machen zu lassen. Und wirklich, allen haben seine Kolumnen über das Ringen mit Sprache und Mentalität von uns Eingeborenen ein solches Vergnügen bereitet, dass sie alle noch mehr davon hätten hören wollen. Die Landeshymne kann er immer noch nicht singen, aber deren Text ist eh zurecht in schwerer Kritik, und es muss auch nicht mehr sein, dass der Freund derlernt, wie man "Ich habe ja ohnehin noch ein Ei" oder "Ich hole euch alle ab" korrekt ins Ostmittelbairische übersetzt.
Vorletztes Foto: Erich Klinger
Letztes Foto: Marlene Gölz