Mittwoch, 22. Mai 2019

Die Neuen

Vorstellung der neuen Mitglieder der GAV Oberösterreich

Von Johann Kleemayr

21. Mai 2019 im Stifterhaus
Organisation und Moderation: Rudi Habringer
Angelika Ganser und Renate Silberer
Eine Veranstaltung der GAV OÖ.

Die Autorinnen Angelika Ganser und Renate Silberer haben ihr literarisches Schaffen am 21. Mai 2019 im Linzer Stifterhaus vorgestellt.

Zur gleichen Zeit lief im ORF die Übertragung der Rede des Bundespräsidenten zum Ende der türkis-blauen Regierungskoalition und den bevorstehenden Neuwahlen. Rudi Habringer nahm in gewohnt einfühlsamer und souveräner Art diesen Ball auf und spielte ihn an das Publikum und die beiden Autorinnen weiter.

Angelika Ganser und Renate Silberer sind Autorinnen der mittleren Generation, 1979 bzw. 1975 geboren, beide können schon auf einige Publikationen verweisen.

Angelika Ganser begann ihre Karriere in Wien, wurde von Inszenierungen am Burgtheater oder in der Josefstadt für ihr Schreiben inspiriert. Erwähnt wurde Frank Castorfs Inszenierung von „Richard III“ und eine Heiner-Müller-Inszenierung. Auch Filme von Jarmusch waren für Ganser wichtig. Ihre Texte verstehen sich als Dekonstruktion solcher Erfahrungen, wobei auch Ansätze von Friederike Mayröcker oder Peter Handke wichtig waren. Im Bereich der Musik lassen sich Verbindungen zur Musik von Olga Neuwirth herstellen, eine Art kreisendes Schreiben ohne Zentrum ist für die Arbeiten von Angelika Ganser bestimmend. Ein assoziatives Verfahren, sprachkritisch, experimentell.
Angelika Ganser ist eine sehr langsame Schreiberin. Ein Text, den sie für die Lesung im Stifterhaus geschrieben hat, hat 3 Wochen in Anspruch genommen (eine Seite). Wenn man sich auf ihre Texte einlässt, versteht man, dass solche Texte Zeit brauchen. Hier wird Leben und Lebensgeschichte zerhackt, gekocht und ästhetisch zubereitet. Guten Appetit!
Ihre „Prosaskizzen“ sind eine Art posthumer Biografie: „Zu meiner Lebenszeit ist mir der Faden entglitten“, schreibt Ganser. Schreiben als lebensnotwendige Tortur voller geheimer und offener Freuden!


Die zweite Autorin, Renate Silberer, hatte nicht weniger dichte, intensive Texte zu bieten. In Braunau geboren, hat sie in Salzburg Spanisch und Italienisch studiert. Sie sieht sich als Kind vom Land, bei der Großmutter auf einem kleinen Bauernhof wurde sie schon früh kälber-tierisch infiziert.

Auslöser für ihr Schreiben war die Ausbildung zur Feldenkrais-Lehrerin. Sie entdeckte eine völlig andere Weltsicht. Von der Bewegung ausgehend, änderte sich ihr Lebensgefühl. Die gewohnte Sprache wurde fremd. Sie erlebte sich plötzlich als ausgewandert. Was stimmt da noch zusammen?

In Wien hat Silberer mit psychiatrisch betreuten Menschen gearbeitet und Feldforschung betrieben. Wie ist das, wenn man sich in seiner Sprache nicht mehr zurecht findet?

Ihr Roman „Das Wetter hat viele Haare“, im Verlag krenmayr&scheriau 2017 erschienen, ist voller surrealistischer Elemente, eine Art Spurensuche, eine Bewegung in eine neue Welt.

Im Mittelpunkt steht ein Geschwisterpaar, es geht um Karli, der kein Karli mehr sein will, für den Charly ok ist, obwohl er am liebsten Karl genannt werden möchte. Er hat eine Axt im Gepäck, die den Urlaub im eigenen Wohnzimmer ganz schön bedrohlich erscheinen lässt.

Zum Schluss las Renate Silberer einige Gedichte, von einer Armee roter Ameisen, einem sanften Apfel, der einen Berg hinunter rollt und einem Kind, das seinem Mörder folgt.

Oder 3 Kälber-Gedichte mit zwei bis drei Butterbroten und einem Maulwurfshügel als einem Schlupfloch für später.

Ein GAV-Abend für Feinschmecker war das. Verstecken war gestern!




Dienstag, 21. Mai 2019

Späte Einsicht



Dem Landeskulturbeirat ist eine gewaltige Peinlichkeit erspart geblieben: Odin Wiesinger hat seine Nominierung selbst zurückgezogen. An sich dürfen wir mit dem Resultat zufrieden sind, wir bleiben jedoch verstimmt. 

Landeshauptmann Thomas Stelzer hätte von allem Anfang ausreichend Gründe gehabt, die Provokation der FPÖ ins Leere laufen zu lassen. Er hätte seinem Koalitionspartner den Wunsch nach einem frauenverachtenden Burschenschaftsillustrator sofort abschlagen können; nicht erst nach dem unsäglichen Interview im Profil ("Euch merke ich mir, und irgendwann seid ihr dran."). Und auch nicht erst am Samstag unmittelbar nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos, als es plötzlich en vogue war, die Verbindungen zur FPÖ überall zu überdenken. 

Wir bedanken uns bei den vielen KollegInnen, die unseren Protest unterstützt haben und selbst aktiv geworden sind.

Die Mitglieder der GAV Oö verbleiben in der Hoffnung, dass künftig der Landeskulturbeirat von den kulturpolitischen Entscheidungsträgern wieder ernst genommen wird. Und wir verbleiben mit dem Angebot an einer konstruktiven Arbeit für ein vielfältiges, weltoffenes, progressives Oberösterreich.

Dienstag, 14. Mai 2019

Nun haben wir alle den Scherm auf.

Eine Blut-und-Boden-Posse und ein Vorschlag zur Güte

Lieber Herr Landeshauptmann, werte Mitglieder der Landesregierung,
Sie haben – wenn auch nicht einstimmig, das schätzen wir – die Nominierung der FPÖ akzeptiert und damit den rechtsextremen Kunstmaler Odin Wiesinger in den Landeskulturbeirat gewählt. Mit dieser Handlung haben Sie dieses Gremium vollends der Lächerlichkeit preisgegeben, darüber hinaus aber der Kulturlandschaft schweren Schaden zugefügt. Man kann zu dieser Posse stehen, wie man will: Ja, der LKB ist zahnlos, weil von der Politik weitgehend ignoriert. Ja, die FPÖ hat ein Stück inszeniert, in dem wir alle unsere Rollen eingenommen haben. Ja, die Medien bauschen die Sache freudig auf. Ja, die Provokation ist gelungen – wir ärgern uns maßlos. Ja, bei vielen Menschen kommt jetzt die gewünschte Botschaft an, wir KünstlerInnen selbst würden die Freiheit der Kunst beschneiden.
Fest steht: Durch die dumme Angelegenheit ist der Rechtsextremismus in Oberösterreich ein Stück weiter integriert worden. Die Strategie ist gelungen: Legitimierung und Normalisierung über die Gremien. Wir sehen in der Entsendung eines Mannes, der Frauen ein „hässliches und dummes Stück Fleisch“ und Bildserien „Endsieg“ nennt, den Beweis einer Führungsschwäche. Sofern diese Art des Aktionismus einen derartigen Anklang findet, wird die Politik eben nicht mehr so glaubwürdig sein, wenn sie beispielsweise bei Zuwanderern den Respekt gegenüber Frauen einfordert, einen Wertekatalog predigt und vor Radikalisierung warnt.
Weil wir aber immer am Dialog und an der Konstruktivität interessiert sind, schlagen wir als ersten Schritt zur Wiedergutmachung vor – wie im offenen Brief von KUPF und gfk gefordert –, das neue Kulturleitbild mit diesem Satz beginnen zu lassen: 

Ein neues Kulturleitbild muss ein ganz klares und glaubwürdiges Bekenntnis zu einer demokratischen, offenen, inklusiven Kulturpolitik enthalten, die alle rechtsextremen, identitären Kultur- und Heimatbilder, die sich aus einer Geisteshaltung ableiten, von der Österreich 1945 befreit wurde, eindeutig ablehnt.“ 

In der Hoffnung, hier für Kunst und Kultur in Oberösterreich an einem Strang zu ziehen, verbleiben wir mit freundlichen Grüßen:
Die Mitglieder der Grazer Autorinnen Autorenversammlung Oberösterreich, des P.E.N. Oberösterreich, des Linzer AutorInnenkreises, des Experiments Literatur Wels sowie der Vereine „Original Linzer Worte“ und „Post Skriptum Poetry Slam“

Montag, 13. Mai 2019

Freiheit der Kunst ja – aber nicht diese Freiheitlichkeit

Protest gegen die Nominierung Odin Wiesingers für den Landeskulturbeirat

Lieber Herr Landeshauptmann, werte Mitglieder der Landesregierung,

alleine durch die Nominierung Odin Wiesingers ist dem Land Oberösterreich schon enormer Schaden entstanden: Wer als Haus- und Hofmaler für schlagende Burschenschaften sowie für rechtsextreme Plattformen wie „info.direkt“, die „Aula“, für Kongresse wie „Verteidiger Europas“ arbeitet oder in Galerien für Nazi-Kunst vertreten ist (Galleria Thule Italia), ist denkbar ungeeignet, im Landeskulturbeirat mitzuarbeiten. Wir können hier keine Person akzeptieren, die in sozialen Netzwerken derart Unsägliches verbreitet wie etwa über Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste und Präsidentin der Universitätenkonferenz: „Selten so ein hässliches und dummes Stück Fleisch gesehen!“ Odin Wiesinger verwendet als Signatur die Odal-Rune, die im Dritten Reich als Symbol für "Blut und Boden" verwendet wurde.
Eine Mitgliedschaft Wiesingers verstößt gegen das oberösterreichische Kulturfördergesetz. Dieses dient dem „zeitgenössischen kulturellen Schaffen und der Entwicklung neuer Formen kulturellen Lebens“, die Kultur ist ihm „Trägerin einer humanen Gesellschaft.“ Wiesinger widerspricht in allem dem Kulturleitbild des Landes. Gerade weil wir AutorInnen und Schreibende für die Freiheit der Kunst und der Meinungsäußerung kämpfen, protestieren wir gegen diese Nominierung. Wir appellieren an Sie, den Vorschlag abzulehnen und dieser Provokation entschlossen entgegenzutreten.
In der Hoffnung, hier für Kunst und Kultur in Oberösterreich an einem Strang zu ziehen, verbleiben wir mit freundlichen Grüßen:
Dominika Meindl, Judith Gruber-Rizy, Rudolf Habringer, RegionalsprecherInnen der Grazer Autorinnen Autorenversammlung Oberösterreich im Namen unserer Mitglieder.
Der Protest wird vom P.E.N. Oberösterreich, dem Linzer AutorInnenkreis, dem Experiment Literatur Wels sowie den Vereinen „Original Linzer Worte“ und „Post Skriptum Poetry Slam“ mitgetragen.

AUF DER SUCHE - über Bodo Hell

Von Herbert Christian Stöger   Vor einer Hütte. Auf der selben Stelle stehen wie Bodo Hell. Im Boden sind zwei Stück Holz eingegraben. Wie...