Von Elisabeth Strasser
Der Literaturautomat
Er dürfte (hoffentlich) schon
ziemlich bekannt sein, der Literaturautomat im Lokal Extrablatt an
der Spittelwiese zentral in Linz gelegen. – Wer ihn nicht kennt und
zufällig darauf stößt, kann sich davon überraschen lassen: So
etwas gibt es tatsächlich!
2016 wurde er installiert, nach einer
Idee von Kurt Mitterndorfer und Herbert Christian Stöger.
„Ein
Textautomat war schon länger eine Idee“, erzählt Kurt
Mitterndorfer, „aber einen anzuschaffen schwer finanzierbar. Dann
aber kam mir der ehemalige Mannerschnitten-Automat im Extrablatt
unter, der sich dafür gut eignete. Eine Zehn-Schilling-Münze
akzeptierte der Automat, was nun einer Ein-Euro-Münze entspricht. So
viel kostet nun ein X-Blatt beim Automaten.“
Literatur – und zwar eine ganze
Vielfalt davon – unter die Leute zu bringen, ist ein Anliegen des
Literatur-Automaten. Inzwischen gibt es bereits 25 Ausgaben der
X-Blatt-Literaturhefte. Die Themen reichen von „kurzen Gedichten“
bis zu Kurzgeschichten oder speziellen Themen wie „Spaltung“ oder
„Winter“ oder „Licht“ oder „Ich-Kind-heute“ oder „Tiere“
oder Texte, die zu Bildern entstanden sind. Die Illustrationen sind
ein wesentlicher Bestandteil der X-Blätter. Manchmal auf die Texte
bezogen, manchmal unabhängig davon. Zeitgenössische Künstler:innen
steuern ihre Zeichnungen, Grafiken, Collagen oder Fotos dazu bei. –
Das ergibt bei jeder Ausgabe ein Gesamtkunstwerk aus Bild und Text.
Präsentation der neuesten
Ausgaben
Am 12. November 2024 wurden die neuen
Ausgaben des X-Blattes im Stifterhaus präsentiert.
Darunter die diesjährige
Sonderausgabe, die dem Schriftstellerpaar Judith Gruber-Rizy und
Helmut Rizy gewidmet ist und mit Fotos der beiden illustriert.
Stefan
Reiser, ein Meister der Kürzestform, las einige seiner
witzig-ironischen „Minutentexte“; Leopold Spoliti sorgte für
unheimliche Spannung mit seiner Geschichte aus dem Jahr 2040 rund um
die Eröffnung des Brenner-Tunnels, der Züge nicht dort ankommen
lässt, wo sie eigentlich hin sollen.
Und Klaus Wieser stellte Lyrik
vor, neben jener im X-Blatt erschienenen, auch noch
unveröffentlichte, die seine kürzlichen Japan-Reise anregte.
Insbesondere blieb mir, wie wohl auch anderen, die dabei waren, der
Text zu jener japanischen Praxis in Erinnerung, wobei zerbrochene
Gefäße mit einer mit Goldstaub versetzten Paste gekittet werden,
dieses Bild, das zeigt, wie Brüche im Leben nicht versteckt werden
müssen, sondern veredelt werden können.
Derlei Pretiosen, wundervolle
Miniaturen, Spannung in Kurzform, anregende Gedichte, Lustiges und
Besinnliches findet sich in allen Ausgaben des X-Blattes. – Eine
Vielfalt eben, in der zu schmökern sich lohnt.
Fotos © H.C. Stöger