Dienstag, 17. Dezember 2024

Vom Tod eines Sprachkünstlers

 Nachruf und Porträt von Herbert Christian Stöger


Urs Allemann ist tot. Ein Sprachkünstler, dessen Vortrag immer ein Erlebnis war. War er ein Formalist und vielleicht unfreiwilliger Provokateur? Auf jeden Fall arbeitete er sich an der Vielfälligkeit der Sprache ab. Der Schweizer Autor gewann 1991 mit seinem Text „Babyficker" den Preis des Landes Kärnten, damals noch als Ingeborg Bachmannpreis und nunmehr unter dem Titel "Tage der deutschsprachigen Literatur" bekannten Lesewettbewerbes. Allemann geborgen 1948 in Schlieren bei Zürich. Er studierte Germanistik, Anglistik, Soziologie und Sozialpsychologie. Zwischen 1986 und 2004 war er als Literaturredakteur der Basler Zeitung tätig.

Für mich war es wie eine Initialzündung, den Autor bei seinem Auftritt in Klagenfurt zu sehen, wie man mit Sprache umgehen kann. Damit warf er auch die Frage auf, was darf Literatur und wie darf sie es. Meiner Kenntnis nach gab es selten so eine große Aufregung um den zweiten Preis in Klagenfurt. Die FPÖ vermochte die Preisübergabe nicht zu verhindern. Er wandte sich später mehr der Lyrik zu, wobei sein erstes veröffentlichtes Buch mit dem Titel „Fuzzhase" (bei Ammann, Zürich 1988 erscheinen) auch ein Gedichtband war. Noch vor ein paar Jahren war er in der Künstlervereinigung Maerz in Linz zu Gast, wo ich ihn beim Gespräch in der Alten Welt kennenlernen durfte. Abgesehen von seinem preisgekrönten Text in Klagenfurt ließ sich seine Kunst in der Prosa in dem Erzählband „Öz & Kco" (Sieben fernmündliche Delirien. Ammann, Zürich 1990) und „Der alte Mann und die Bank" (Ein Fünfmontagsgequassel. Deuticke, Wien 1993) nachlesen. 2012 erhielt er den Heimrath-Bäcker-Preis in Linz zuerkannt. Sein letztes Buch „Carruthers-Variationen" erschien im Klever Verlag, Wien. Noch bevor er seinen letzten Preis entgegennehmen konnte, verstarb er 75-jährig. Ulf Stolterfoht, alleiniger Juror, schrieb in seiner Begründung zum Erich-Fried-Preis, „daß sich in Allemanns Vortrag Experiment und Formbewußtsein treffen würden."


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