Waltraud
Seidlhofer, ein still leuchtender Fixstern österreichischer
Literatur, macht sich mit ihrem neuen Buch selbst das beste
Geschenk zum 80. Geburtstag.
Rezension:
Dominika Meindl
Es
ist keine leichte Übung, Seidlhofer ins Rampenlicht zu stellen,
insbesondere zu ihrem Jubiläum am 26. November. Ihre Bescheidenheit
steht in exakt umgekehrtem Verhältnis zur Relevanz ihrer Arbeit. Und
die Lektüre ihrer neuesten Publikation „wie ein fliessen die
stadt“ (Klever Verlag) zeigt, wie aktuell ihr Schreiben ist, wie
nahe es der Gegenwart ist (warum sollte das auch anders sein?).
Waltraud Seidlhofer bei "Zur Lage" im Posthof, 2017. Foto: Meindl
Ihre
Prosastücke gehen von der Arbeit an einem Projekt im
Architekturzentrum von Chicago aus, sie drehen sich um Strukturen
einer Megacity, um Stadtentwicklung, Ruinen oder um Tiere im urbanen
Naturraum. Wie stets denkt Seidlhofer bei ihren literarischen
Erkundungen in offenen Dialektiken von Stadt und Natur, Raum und
Zeit; auf alle Phänomene lenkt sie denselben scharfen Blick. Ihr
Schreiben ist Prosa, Lyrik und Essay in einem. Sprache, Ton und Takt
sind ganz eigentümlich, sie ähneln dem bedächtigen Flanieren einer
älteren Dame durch ihre Umgebung: „feine striche aus bewegung und
zeit.“
Seidlhofer
nimmt sich auch im Text ganz zurück, ein „Ich“ kommt höchstens
in Zitaten von Adorno, Butor oder Benjamin vor. Seite für Seite
schreitet sie voran, wechselt zwischen der Beschreibung dessen, was
sich im Blick aus dem Hotelzimmer fängt, und globalen
architektonischen Reflexionen über den Entwurf von Riesenstädten
und das Leben darin. Welche Glaspaläste werden den Reichen gebaut,
in welchen Schachteln müssen die ArbeiterInnen oder Flüchtlinge
hausen? Wie organisieren moderne Nomaden ihr Dasein, was bewahren sie
in den boomenden self-stores?
In den Vorstädten weiß sie auch die Eintönigkeit zu interessieren.
Besonders fasziniert sie die verlassene Stadt, etwa nach einem
Atomunfall oder nach einer Naturkatastrophe, wie „die restlinien
einer industriearchitektur, die langsam und stetig in die oekologie
eingepasst wird“.
Waltraud
Seidlhofer: wie ein fliessen die stadt. Klever Verlag, 150 S., 18 €
Am 28. November liest sie bei der Verlagspräsentation im Stifterhaus aus dem Buch.
Hinter
dieser Rezension:
Dominika Meindl ist so wie Waltraud Seidlhofer Mitglied der GAV OÖ
und schätzt die Autorin auch persönlich. Es wäre der Rezensentin
eine Freude, überprüften LeserInnen ihre Rezension durch eigene
Lektüre auf deren Objektivität hin. Kommentare sind willkommen!
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