Von Herbert Christian Stöger
Vor einer Hütte. Auf der selben Stelle
stehen wie Bodo Hell. Im Boden sind zwei Stück Holz eingegraben. Wie
zwei Fußabdrücke. Darauf sein Name eingraviert. Daneben stecken ein
oder mehrere Stecken. Je nach dem, wie viele hier hergekommen sind,
um ihm die Ehre zu erweisen. Einmal wird sich dort ein kleiner Haufen
bilden. Stecken dienen zur Unterstützung beim Wandern. Oder sie
werden zum Viehtreiben benutzt. Jeder muß sich seinen Aufstieg
selbst erwandern, um die Alm zu erreichen. Mehr als zwei Stunden
Fußmarsch sollte man einplanen. Je nach dem, wo man abgesetzt wurde
oder sein eigenes Auto parken konnte.
Vor vielen Jahren habe ich Bodo einmal
dort oben besucht. Eine Zeit, wo noch mit analogen Kameras
photographiert wurde. Es ist nur noch ein Bild davon erhalten. Dieses
habe ich anläßlich einer Ausstellung bearbeitet. Die anderen sind
in meinem Kopf, immer wieder aufblitzend.
Jemanden zu vermissen ist mehr als
Anteilnahme. Aber zu wissen, jemanden nicht wieder zu sehen, ist ein
Vermissen, das eine bleibende Leere hinterläßt.
Mit dieser Leere gilt es nun umzugehen.
Er war einer, der sich mit Mensch und Tier verstand. Im Bezug auf
einen Literaten ist das hervorhebenswert. Er trotzte bislang vielen
Widrigkeiten in diesem Gelände am Berg.
Ein Signal den Berg hinauf.
Verschiedene Laute wird auch er benutzt haben, um nach dem Vieh zu
rufen. Hat er einen letzten Hilferuf ungehört setzen können?
Sein Leben spielte sich in den
Sommermonaten auf der Grafenberg Alm am Dachstein ab. Er war ein
Suchender. In jeder Hinsicht. Bestrebt, das Wissen der Welt in seinen
Texten wieder erlebbar zu machen und damit dieses Wissen
weiterzugeben, um es zu erhalten. Wie er selbst von sich sagte, war
er ein Performer. Er konnte als
Vortragender seine Texte unvergleichlich vermitteln.
Er beschäftigte sich mit hauptsächlich
Nutztieren. Auf sie gab er acht und begab sich jeden Tag auf die
Suche nach ihnen. Dabei ging er selbst verloren. Er kannte sich in
seinem Gebiet so gut aus, daß er einen Weg gefunden hat, den
vielleicht kein anderer mehr gehen wird. Einiges wird eben nur durch
Überlieferung weitergegeben. Manche Wege gibt man nicht weiter, weil
man andere davor beschützen will, sie auch zu beschreiten. Es ist zu
gefährlich. Es war wohl zu gefährlich. Was immer geschehen sein
mag. Sein Reich hat ihn aufgenommen. Eine Legende kann sich darum
spinnen. Eine, die von Wahrheit erzählt, kann in diesem Fall nur
eine Vermutung sein. Niemand anderes als er war dabei. Er wird es uns
wohl nicht mehr erzählen.
Was kann mehr gesagt werden als: Er
wird vermisst.
*******
Bildunterschriften:
1.
Folgende fünf Bilder sind anläßlich
einer Lesung in der Maerz Galerie Linz entstanden. Es war nicht das
letzte Mal, daß ich Bodo Hell getroffen habe, aber die letzten
Bilder, die ich von ihm gemacht habe.
25. September 2020
2.
Bearbeitetes Photos beim Besuch auf
seiner Alm.
Danke Herbert, sehr schöner Text. Danke Dominika!
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