Der Status der
oberösterreichischen (und damit recht selbstverständlich auch jener
der Linzer) Literaturszene ist wie geschaffen für das Thema der
Ausschreibung. Mit einer Kürzung von 34 Prozent hat die freie
Literatur beim Antritts-Kahlschlag von Landeshauptmann Thomas Stelzer
„gewonnen“. Vielleicht entspricht das der gesellschaftlichen
Bedeutung von Literatur, vielleicht ist der literarische „Standort“
Oberösterreich wirklich so gut aufgestellt, dass man ihn gar nicht
mehr fördern muss, vielleicht waren die AutorInnen so frech, dass
man diese Hofnarren zurechtstutzen muss.
Doch das glauben
wir nicht. Wir sind die Regionalgruppe der Grazer Autorinnen
Autorenversammlung Oberösterreich (im Folgenden „GAV OÖ“). Als
größte Vereinigung von SchriftstellerInnen im Bundesland wurden wir
in jüngster Vergangenheit immer stärker mit der Prekarisierung der
„heimischen“ Literatur konfrontiert. Das hat einerseits gewiss
globale Gründe: Das Buch als klassisches Medium hat seine Bedeutung
verloren, es wird weniger Literatur denn je gelesen. Die Krise
betrifft auch die Verlage, Literaturhäuser, Bibliotheken, Büchereien
am Land, Kulturvereine mit Literaturschiene, Zeitungen. Andererseits
sind unsere Schwierigkeiten auch hausgemacht und haben den
vorläufigen Tiefpunkt nach einem langen Prozess der Marginalisierung
erreicht. Laufend wurden Fördermittel für Verlage und AutorInnen
gestrichen, Preise und Stipendium nur noch biennal vergeben oder ganz
aufgegeben. Schulen haben angesichts der überbordenden Bürokratie
aufgegeben, Lesungen und Workshops zu veranstalten.
Eine
beträchtliche Sorge bereitet uns Literaturschaffenden die
verschwindende Literaturkritik, ganz besonders in der
oberösterreichischen Medienlandschaft (die ohnehin schon nicht durch
Vielfalt prunkt). Rezensionen bekommen in Tageszeitungen kaum noch
Platz und konzentrieren sich auf die „Big Player“ im
Literaturbetrieb. Das literarische Leben ist in der Realität noch
vielfältig, medial bildet sich das aber kaum ab.
Zu einem gewissen
Teil nehmen wir als GAV OÖ auf unsere Kappe, dass wir uns über
Jahre die Butter vom Brot nehmen haben lassen. Das soll sich von nun
an ändern.
Eine digitale Plattform für Literatur
Wir meinen: Das
literarische Leben der Stadt ist sehr viel reichhaltiger, als es sich
in den Medien spiegelt. Deswegen nehmen wir die Entscheider beim Wort
und springen motiviert auf den Zug der Digitalisierung auf: Linz soll
nicht umsonst UNESCO City of Media Arts sein. Unser Ziel ist die
Etablierung einer digitalen Plattform, die alle Sparten umfasst, ein
großes Blog, auf dem AutorInnen – unterstützt durch die Arbeit
eines Redaktionsteams – rasch und unkompliziert ihre Texte
veröffentlichen können. Erwünscht ist diskursive und formale
Vielfalt: Kurztexte, Gedichte, Dramolette; Essays, Rezensionen,
Veranstaltungskritiken, einschlägige News, kulturpolitische
Gedanken. Hier sind auch Texte zu lesen, die Verlage aus ökonomischen
Gründen und Zeitungen aus diplomatischen Gründen nicht drucken
wollen.
Die GAV OÖ stellt
IT-Support, Redaktion, Lektorat und Honorar. Von großer Bedeutung
ist die transparente und betont objektive Arbeit der Redaktion.
Beiträge von AutorInnen, die nicht Mitglieder der GAV OÖ sind, oder
von JournalistInnen sind willkommen. Der Bezug auf Linz und
Oberösterreich ist erwünscht, jedoch nicht dogmatisch. Es muss
immer wieder auch die „Gegenseite“ zu Wort kommen, also etwa die
Verantwortlichen für die Kulturpolitik.
Die Arbeit an
einer digitalen Literaturzeitschrift ist unsere Gegenstrategie zum
ewigen Klagen über mangelnde Präsenz. Das ist unsere Antwort auf
die Krise des klassischen Medien. Nach wie vor schätzen und
verteidigen wir den Journalismus als vierte Säule des Staates.
Gleichzeitig müssen wir einen eminenten Bedeutungsverlust
literarischer Berichterstattung zur Kenntnis nehmen.
Qualität in die
Echokammern! Wir wollen alternative Medien nutzen – diese Strategie
ist kein Privileg populistischer Politik, auch wir können eigene
Kanäle erschaffen und mit Inhalten füllen. Das Niveau wird
entsprechend hoch, aber auf keinen Fall elitär sein. Der Vorteil
sind der direkte Kontakt zu den LeserInnen, die per (moderiertem)
Kommentar auf die Beiträge reagieren können, und die Möglichkeit,
die Inhalte per Link einer breiten Öffentlichkeit zukommen zu
lassen.
Desiderat ist,
dass die digitale Plattform in sehr naher Zukunft die Gründung eines
Verlages fördert. Linz ist als eine der wenigen Landeshauptstädte
kein Verlagsstandort, was das Schaffen der AutorInnen zusätzlich
erschwert.
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