Nun haben wir
uns offenbar – ohne es selbst zu bemerken – radikalisiert: Laut
oberösterreichischem Handlungskonzept gegen Extremismus müssen wir
OrganisatorInnen von Donnerstags-Demos unter dem Kapitel
„Linksradikalismus & Linksextremismus“ behandelt werden.
Darin sehen wir einen Affront. Wer ist dafür verantwortlich, uns auf
diese Weise zu kategorisieren? Das grenzt an Ruf- und
Kreditschädigung, zumal im Verfassungsschutzbericht des BVT 2018 der
Begriff „Linksextremismus“ Positionen bezeichnet, „die mit
Gewaltakzeptanz und -befürwortung verbunden sind und deren Anhänger
für die Durchsetzung ihrer Ideologien und in der Auseinandersetzung
mit anderen politischen Weltanschauungen bewusst Gesetzesbrüche
einkalkulieren."
Wir, die
größte Vereinigung von SchriftstellerInnen in Oberösterreich,
weisen derlei Haltungen schärfstens zurück. Wir stehen für
sozialen Zusammenhalt und setzen uns gegen Rechtsextremismus ein.
Darauf sollte sich auch die Landesregierung konzentrieren, da selbst
das Handlungskonzept beweist, dass hier Gefahr droht. Die Rede vom
„Extremismus von beiden Seiten“ soll lediglich verdecken, dass
Oberösterreich beim Anstieg rechtsextremistischer Straftaten
Spitzenreiter ist.
Eine
Regierung, die ernsthaft ihre friedlich für Meinungsfreiheit
eintretende Bevölkerung als linksextrem einschätzt, müsste sich
die Frage stellen lassen, ob nicht sie selbst es ist, die sich
radikalisiert hat. Wir möchten nicht glauben, dass Sie und die
oberösterreichische Landesregierung die GAV OÖ und alle KollegInnen
von der Initiative „In Linz ist Donnerstag“ als
GewaltbefürworterInnen erachten. Unsere konstruktiven Gespräche
miteinander haben einen anderen Eindruck erweckt.
Veranlassen
Sie daher bitte umgehend die Neuformulierung dieses Kapitels. Wir
sind stolz, Teil der Initiative zu sein und erinnern Sie an deren
Prinzipien erinnern: „Für
eine lebendige Demokratie. Für eine solidarische Gesellschaft. Für
einen achtsamen Umgang mit Ressourcen. Wir fordern Menschlichkeit in
Politik und Gesellschaft!“
Mit freundlichen Grüßen im Namen der Grazer Autorinnen Autorenversammlung:
Dominika Meindl
Stimmen unserer Mitglieder
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Ich gestehe, dass ich als
Hauptverantwortlicher für die GAV OÖ das Demo-Fest am 12. September
unter dem Motto „Kultur für mehr Demokratie“ vorbereitet und
organisiert habe. Bin ich in Ihren Augen deshalb (schon)
linksradikal? Mit Erschütterung habe ich mich in Ihrer
„Handlungsanweisung gegen Extremismus“ wiedergefunden.
Ich glaube, dass es die
verdammte Schuldigkeit und Pflicht jedes demokratisch denkenden
Menschen in unserem Land ist, aufzustehen gegen jegliche Tendenz zum
Radikalismus, für den nun einmal Ihr Regierungspartner FPÖ steht?
Mit freundlichen
Grüßen, Kurt Mitterndorfer, GAV OÖ
Ist denn das Eintreten
für Menschenrechte als "linksradikal" einzustufen? Dann
wäre ja auch die UNO "linksradikal", oder der Papst!
Richard Wall
Sollten die Leute nach den jüngsten
Skandalen nicht etwas leisertreten, anstatt auf die einzuschlagen,
die bereits vorher gewarnt haben?
Lisa Spalt
Die
Zuschreibung dient offenbar dazu, eine – weitere –
Begriffsverschiebung im Zusammenhang mit "links" zu
etablieren und natürlich auch dazu, ein künstliches Gegengewicht zu
den wesentlich präsenteren (und gefährlicheren) Rechtsradikalen
herzustellen und dabei Ausgewogenheit vorzutäuschen.
Der Sinn dieser Zuordnung liegt offenbar darin, die
Proteste gegen Türkis oder Schwarz-Blau in ein schmutziges Eck zu
rücken, NestbeschmutzerInnen, und noch bedrohlicher, die ohnedies
doch sehr harmlose Gegenbewegung zu kriminalisieren und vielleicht
auch einen Spaltpilz zu pflanzen.
Erich Klinger
„Ich
will nicht vergessen, welche Leiden und Opfer abertausende
ArbeiterInnen für den Erhalt ihrer Rechte erbracht haben. Sie waren
links. Auch ich bekenne mich dazu, will die Geschichte der
ArbeiterInnenbewegung nicht am Altar der neuen, und offensichtlich
auch von Ihnen vertretenen Bourgeoisie und Neoliberalen opfern.
Herr
Landeshauptmann, nehmen Sie die TeilnehmerInnen der Donnerstagdemos,
deren Organisatoren und andere, für Demokratie eintretende
Gruppierungen aus der Liste, die Sie fälschlicherweise als
linksextrem bezeichnen.
Mit
freundlichen Grüßen, Luis Stabauer
Ist
man denn wirklich schon linksradikal, wenn man die politischen
Konzepte eines HC Strache und Herbert Kickl aus tiefstem
Herzen verabscheut?
Ist man wirklich schon
linksradikal, wenn man gegen allwöchtentliche ‘Einzelfälle’
allergisch ist?
Ist man wirklich schon
linksradikal, wenn man gegen die Relativierung fundamentaler
Menschenrechte protestiert?
Ist man wirklich schon
linksradikal, wenn man Sozialhilfekürzungen bei den Ärmsten der
Armen als unmenschlich empfindet?
Dass die FPÖ versucht,
jede Kritik an ihrer nationalen Gesinnunspolitik als ‘linksradikal’
abzutun, ist verständlich.
Aber Sie als
Landeshauptmann sollten da doch etwas genauer differenzieren.
So wie rechtskonservative
Politik nicht gleichbedeutend ist mit rechtsradikaler Politik, ist
auch linker Protest nicht gleichbedeutend mit linksradikalem Protest.
Freundliche Grüße, Dietmar Füssel
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