Richard Wall
Nicht das Wort ist’s, was man sucht
Хололно роэе в снегу / Es friert die Rose im Schnee
Ossip Mandelstam
I
Lüge und Vertrauensbruch, wenn auch nur
beobachtet und indirekt empfunden,
genügen, um im ganzen Körper
ein noch nie dagewesenes Gefühl zu erwecken.
Immer wieder, dieses Mal ganz stark
und bis in die Träume hinein,
erkennst du, fühlst du das Übel,
dort – in der Ferne – so nah.
Körper leblos, verstümmelt, zerfetzt –
nichts Neues, wie immer,
wenn an Masken abprallen Bitte und Frage,
und von allen guten Geistern verlassen
die Waffen sprechen, Sprache ohne Worte.
Wo sind nun Wege, auf denen, vor einem Ziel,
das es, wie es scheint, noch nicht gibt,
das Herz sich der Schläge erwehrt,
sich das Schlagen erhält?
II
Ein wenig, nein lange, war Friede hier,
fast nie im Süden, im Südosten, das haben wir
aus der Ferne zur Kenntnis genommen
durch all die Jahre wie den Wetterbericht,
gefiltert durch Ideologien und Medien.
Nun reckte, ganz in der Nähe,
in einer Engführung von Geschichte,
sinnlos ein Schrecken sein Haupt, ihm eingeschnitten
die Grimasse des Gräuels, des Gemetzels,
weil ein Sturkopf, humorlos, dem Wahnsinn verfallen,
vermeintlich gedemütigt wie ein kleines Kind,
dem ein anderes ein Teil von einem Puzzle vorenthält,
Taten befiehlt, die nichts bringen außer hunderttausendfach
Not und Tod und Zerstörung von Hab und Gut.
III
Ich zähle die Tage seit Kriegsbeginn.
Es gibt kein Austreten aus der Geschichte.
Kein Davon schleichen. Eine neue Zeitrechnung
hat begonnen. An Gräben, die man begonnen hat,
einzuebnen, wird wieder gegraben.
Diesen Tyrannen zu beseitigen
obliegt niemand geringerem als jenem Volk,
das Poetinnen wie Marina Zwetajewa, Anna Achmatova,
Künstler wie Alexander Rodtschenko,
Architekten wie Konstantin Melnikov hervorgebracht hat,
dem so duldsamen, so oft betrogenen
russischen Volk, dem meine Liebe gilt.
Дружба / Druschba!
27. Februar 22
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